Windhoek - wieder näher besehen

Von Eberhard HofmannKann man in sieben Stunden den Großraum Windhoek kennenlernen? Nein, aber die Veranstalter der Stadtrundfahrt, die in der Hauptstadt wieder angeboten wird, können mit den Gästen eine kluge und repräsentative Auswahl treffen, so dass die Teilnehmer der zweiteiligen Fahrt von je dreieinhalb Stunden einen Überblick sowohl in die Stadtentwicklung als auch in die bunte, auch packende Geschichte der namibischen Metropole gewinnen können. Nach der Tour kann sich jeder aus anderen Quellen den Einblick noch vertiefen, wobei die Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft (NWG), das Staatsarchiv, aber auch einige Fremdenführer in Deutsch und Englisch ergänzendes Material bieten. Die eigentlich vornehme Aufgabe, die Stadt in ihrer Vielfalt vorzustellen, sollte das Privileg der Public Relations des Windhoeker Stadtrats sein. Diese Lücke füllt nun ein Tourunternehmen, das sich von der NWG beraten lässt. Bei der Eröffnungstour letzthin bestand die Vormittagstour aus 14 Haltepunkten zum Austeigen, wobei es für den Einen oder Anderen noch mehr sein könnten, aber die Zeit verfliegt schnell. Die historische Tour am Vormittag berührt Alt- und Klein-Windhoek des ausgehenden 19. und die Anfänge im 20. Jahrhundert, was über Gebäude seit der Unabhängigkeit bis ins 21. Jahrhundert erweitert werden kann. Das Faszinierende der Stadt ergibt sich einmal aus der besonderen geologischen Lage im Rahmen der Erdgeschichte. Die Berge in und rund um Windhoek zeugen von 33 erloschenen Vulkanen, notiert Gunter von Schumann in aufschlussreichen Stadtnotizen. Alt-Windhoeker haben im Schwimmbecken neben dem Rathaus noch im heißen Wasser aus den einstigen Thermalquellen der Stadt gebadet. Und wenn die Stadt aus ihren Bohrlöchern pumpt, gibt es noch heute Heißwasser. Die 14 Vormittag-Stopps berühren den Kamelstall neben den Schülerheimen der Windhoek High School, den Ausspannplatz, früher mit sechs Wagenbauern für Ochsengespanne, die Christuskirche , Alte Feste, Kaiserliche Realschule und das Estorff-Haus, wo heute das Goethe-Institut untergebracht ist. Dann folgt der Parlamentsgarten mit der Häuptlingsstatue von Hosea Kutako, danach der Bahnhof Windhoeks, die Turnhalle, das ehemalige kaiserliche Obergericht (heute Veterinäramt) und die Fahrt ins Klein-Windhoek-Tal über den historischen Schanzenweg, wo die ersten deutschen Siedler auf Fünf-Hektar-Flecken eine Existenz anstrebten. Von der Ludwig-Grabstätte (Mausoleum) führt die Route zum ehemaligen Weinberg der Katholischen Mission, um die sich illustre Geschichten der Brandwein-Brennerei eines Paters ranken. Die Fahrt geht dann westlich wieder zurück in die Mugabe Avenue zum Leutwein-Friedhof, der von 1892 bis 1926 benutzt wurde. Weiter geht die Fahrt zum ehemaligen Hotel Grüner Kranz, zur Deutschen Höheren Privatschule (DHPS) sowie dem Gelände der ehemaligen Rheinischen Mission mit der Friedenskirche, heute ELCRN (Evangeliclal Lutheran Church in the Republic of Namibia). Danach entlang der Bismarck-Straße (vormals auch Schieberallee genannt) mit einem Stopp am Oudstryder-Monument, auch Bittereinder-Monument genannt, das an die Buren-Kämpfer des Anglo-Burenkrieges erinnert, von denen etliche in Deutsch-Südwestafrika Zuflucht gefunden hatten. Über die Alte Brauerei an der Talstraße endet die Rundfahrt wieder auf dem Ausgangspunkt an der Independence Avenue. Auf der gesamten Route klingt viel wechselhafte Nama- und Hererogeschichte früherer Konflikte an, erinnern unterschiedliche ethnische und europäische Namen für Windhoek an das Kommen und Gehen verschiedener Missionare, die den Flecken zuweilen auch Zankbrunnen (Ezek) nannten, bis die Verlegung der Kolonialbehörde 1890 von Otjimbingwe nach Windhoek eine neue Ära einleitete, in der das sporadisch besiedelte Tal nun zur Hauptstadt des Landes wurde. Eine Stadtrundfahrt ritzt unzählige Themen und Anekdoten an, die den Interessierten noch lange beschäftigen werden.

Windhoek - wieder näher besehen

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-25

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