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Wirtschaftswachstum wird unterschätzt

Südafrikanischer Volkswirt warnt vor der Akzeptanz eines Konsensbefunds
Frank Steffen
Von Frank Steffen, Windhoek

„Die in Südafrika angekündigte Wirtschaftswachstumsprognose von 0,6% macht einfach keinen Sinn“, wiederholte Helmo Preuss am vergangenen Freitag bei seinem Vortrag mindestens ein Dutzendmal. Seinen Vortrag brachte er unter dem Titel „Be wary of the consensus“ (Vorsicht vor dem Konsensbefund). Beide Feststellungen untermauerte er mit Fakten, die er aus der näheren Vergangenheit griff und unterstrich diese mit einer Analyse der jetzigen Wirtschaftslage Südafrikas.

Der Wirtschaftsforscher ist einer der Mitbegründer von „Forecaster Ecosa“ (nimmt Wirtschaftsanalysen vor), schreibt für das Magazin BRICS-Post und ist Projektleiter eines mittleren Hydro-Projekts in Südafrika. Mit einem B. Sc. in Computerwissenschaft und mathematischer Statistik (Universität Kapstadt - UCT), einem B.A. in Volkswirtschaft und Wirtschaftsgeschichte (ebenfalls UCT), einem B. Com. in Betriebswirtschaft (Unisa) sowie einem B.Sc. Hons. in Statistik (North-West University) und einem M. Phil in Vertriebs- und Marktforschung an der Universität in Pretoria hat sich Preuss einen Namen in diversen Gremien und in der Geschäftswelt geschaffen. Er weigert sich grundsätzlich der Masse und herkömmlichen Methoden nach zu eifern, weswegen er von dem ehemaligen Chef der SA-Notenbank, Tito Mboweni als übermäßiger Optimist abgetan wurde, als er in den Jahren 2004 bis 2007 ein Wirtschaftswachstum von mehr als 5% prognostizierte. Damals lag der Reuters-Konsens knapp unter 5%.

Brexit und Trump

Preuss hatte das Brexit-Resultat vorausgesagt und tweetete am 6. November 2016 den Sieg Trumps voraus, obwohl in beiden Fällen sämtliche Umfragen der renommierten Meinungsforscher „es“ anders sahen. Im Falle Clinton/Trump lag die schwächste Siegeserwartung bei 72% und im besten Fall sogar bei 99% zugunsten Clintons. „Dieses ‚Es‘ kann man im Voraus erkennen, wenn man die richtigen Ziffern beobachtet und sie versteht“, meinte Preuss am Freitag als er die Gäste ansprach die vom namibischen Wirtschaftsverband (EAN) mit der finanziellen Unterstützung der Hanns-Seidel-Stiftung eingeladen worden waren. Laut dem Volkswirt passe sich der Mensch schnell an veränderte Umstände an, denn wenn Brexit die internationalen Märkte noch verunsichert habe, so habe der Trump-Sieg keine Schwankungen mehr verursacht.

Als Preuss im Januar 2017 einen stärkeren Rand ankündigte wurde ihm kein Glauben geschenkt, doch übertraf der Rand sogar seine Erwartungen. „Die Leute folgen oft nur Google und Facebook und sehen sich ständig in ihrer Meinung bestätigt. Das heißt sie lesen täglich ihre ‚eigene Meinung‘, da diese Internet-Institutionen ihnen Berichte zuschicken, die von ihnen als Leser/innen bevorzugt werden. Damit verliert der Einzelne seine Unabhängigkeit und liest die Zeichen verkehrt“, meint Preuss, der sich möglichst viel ansieht und anhört, bevor er Annahmen macht.

Südafrika wird mit 1,8% zulegen

Er erklärte detailliert, warum er den Beeld-Konsens, laut dem Südafrika mit 0,6% zulegen wird, sowie die 1,3% des SA-Fiskus, anzweifelt und stattdessen ein Wirtschaftswachstum von 1,8% erwartet. Dabei wartet er mit Fakten auf, die diese Erwartung geradezu bestätigen: Eine Maisernte die mit mehr als 16 Millionen Tonnen doppelt so hoch ist wie die des Jahres 2016; das treffe auch auf Soja und anderes Getreide zu. Eine Jahreszunahme von 4,5% in der Produktion des Minensektors, wesentliche Zunahmen im gesamten Bulk-Export, eine 20%-ige Zunahme der Exportwerte (in US-Dollar) und eine 3,6 Prozentige Zunahme in der Arbeitsbeschaffung. „Das kann doch nicht alles unbeachtet bleiben, denn dieses Geld stärkt die Wirtschaft. Leute verkennen die Zeichen: Es ist nicht der starke oder schwache Rand, der unsere Exporte bestimmt. Das Argument funktioniert andersherum: Unser starker Exportmarkt bringt einen starken Rand mit sich und ein schwacher Export beschert uns einen schwachen Rand, da dies ein Spiegelbild der Nachfrage nach unseren Gütern ist“, erklärte Preuss und betont, dass es verkehrt sei ständig nur die Arbeitslosenziffer von 27% zu betrachten aber nicht die Zunahme an Arbeitsstellen. Die Zunahme an arbeitsfähigen Menschen betrage immerhin mehr als 5,2%, da sei eine 3,6% Zunahme an Arbeitsstellen überaus wichtig. Das namibische Bild sei indessen zum Großteil ein Spiegelbild Südafrikas, weswegen die Wachstumserwartung im Süden ebenfalls für Namibia gelte.

Genügend Strom

Preuss hält die mangelnde Stromversorgung in der Zeit 2012 bis 2016 für einen der Hauptgründe warum die Rezession in Südafrika sich derart lang hinzog. Seit Anfang des Jahres 2017 habe der Stromversorger Escom regelmäßig einen Überschuss von fünf- bis zehntausend Megawatt pro Monat. „Südafrika hat jetzt zum ersten Mal wieder die Chance ihre bisher rückläufigen Lagerbestände aufzuholen und obendrein billigen Strom zu exportieren“, führt Preuss aus und sieht darin den Hauptunterschied zwischen seinen Annahmen und Berechnungen verglichen mit den Konsensbefunden verschiedener anderer Statistikhäuser.

Generell beanstandet Preuss eine südafrikanische Presse, die zu sehr am Geschehen im asien-pazifischen Raum, der EU und Amerika festhalte, während es inzwischen andere Wirtschaftskräfte gebe, wie bspw. BRICS, die Teil des internationalen Kräftemessens geworden sind. So habe die Herabstufung Südafrikas seitens der Agenturen Moody’s und Fitch nicht den erwarteten negativen Einfluss gehabt. Eine Aufwertung sollte indes erst ab 2020 erwartet werden. „Warum schreibt keiner über die SADC und SACU, wenn Namibia manchmal der größte Handelspartner Südafrikas ist?“ moniert er ein unbegründetes Desinteresse der großen Medienhäuser und Finanzberichterstatter in SA.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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