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Wissenschaft, die Wissen schafft
Wissenschaft, die Wissen schafft

Wissenschaft, die Wissen schafft

Wiebke Schmidt
Das Ende des deutschen Kolonialreiches durch den Vertrag von Versailles (1919) bedeutete zugleich das Aus für Deutsch als Amtssprache in Übersee und damit auch den Rückgang ihrer Bedeutung weltweit. Doch anders als in den übrigen deutschen Schutzgebieten, aus denen die Deutschen von den neuen Machthabern ausgewiesen wurden oder aber zu einem großen Teil selbst abwanderten, hielt sich die deutsche Volksgruppe in Südwestafrika bis heute. Das lag sicherlich auch daran, dass das Territorium die einzige deutsche Siedlungskolonie gewesen war und mit der Vertreibung des weißen Elements, das sich dort überwiegend aus Farmern zusammensetzte, eine zumindest vorübergehende großflächige Entvölkerung einhergegangen wäre.

Überdies fühlten sich die Buren in Südafrika, das jetzt die Verwaltung Südwestafrikas übernahm, den Deutschen verbunden, und so setzte man von Beginn an auf Kooperation. Schon wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg durften Deutsche wieder einwandern - sowohl zuvor Ausgewiesene als auch Neuzugänge - und im Londoner Abkommen von 1923 (zwischen Südafrika und dem Deutschen Reich) wurde eine rechtliche Grundlage für ihre Zukunft im Lande geschaffen. Zwar hatten Englisch und Niederländisch (dieses wurde 1926 durch Afrikaans ersetzt) schon nach der Besetzung des Landes durch die Truppen der Südafrikanischen Union im Jahre 1915 Deutsch praktisch als Amtssprachen abgelöst, doch stellten die Deutschen zunächst weiterhin den größten Anteil unter der weißen Bevölkerung, und so kam man ihnen amtlicherseits großzügig entgegen, indem man Deutsch als weitgehend gleichberechtigt neben den beiden offiziellen Sprachen behandelte.

Die deutschsprachigen Südwester engagierten sich nicht nur in Kulturvereinen, sondern sie beteiligten sich vor allem ab 1925, als das Territorium eine Verfassung mit beschränkter Selbstverwaltung erhielt, auch aktiv am politischen Geschehen.

1932 war Südafrika sogar bereit, Deutsch den Status einer dritten Amtssprache zuzugestehen, doch aus nicht nachvollziehbaren Gründen waren es dann die deutschen Abgeordneten des Landesrates (des von der weißen Bevölkerung gewählten Parlaments) selbst, die trotz der darüber erzielten Einigung im Kapstädter Abkommen letztlich von dem Vorhaben abrückten, womit sie eine einzigartige Gelegenheit verspielten.

Der Zweite Weltkrieg machte dann alle bisherigen Überlegungen zunichte, und erst nachdem die den Deutschen eher wohlgesonnene Nationale Partei 1948 die Regierung in Pretoria übernommen und 1950 auch die Wahlen in Südwestafrika gewonnen hatte, kam erneut Bewegung in die vor 1939 abgebrochenen Verhandlungen. An den Regierungsschulen wurden bald wieder Abteilungen mit deutscher Unterrichtssprache zugelassen, und auch in anderen Bereichen kam die Nationale Partei den Wünschen der deutschsprachigen Südwester so weit wie möglich entgegen.

Am 27. März 1958 beschloss der Landesrat mit großer Mehrheit eine Resolution, mit der Deutsch den Status einer von drei offiziellen Landes- bzw. Nationalsprachen erhielt. Die vollständige Gleichberechtigung als dritte Amtssprache bedeutete dies zwar nicht, aber mehr als der jetzt ausgehandelte Kompromiss war nicht herauszuholen gewesen. Mit der getroffenen Regelung konnte man sich insofern zufrieden geben, als diese sich am Vorbild der Schweiz orientierte, wo 1938 neben den Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch das Rätoromanische als vierte Nationalsprache anerkannt worden war. So betonte auch die Sprachrechtsresolution des Landesrates von 1958 ausdrücklich, mit der Erhebung von Deutsch zur Nationalsprache werde respektiert, dass die Sprache in Südwestafrika beheimatet sei und zumindest die kulturellen Belange der Deutschen überdies zu dem Zugeständnis bereit, den „freien Gebrauch der deutschen Sprache in allen Dienststellen der Administration zu ermöglichen, so dass im Verkehr mit Deutschsprechenden ... die deutsche Sprach benutzt werden kann.“

Formblätter gab es seither ebenso auf Deutsch wie Anschläge mit Bekanntmachungen von Behörden, es erschienen deutsch beschriftete Briefmarken, Aufschriften an öffentlichen Gebäuden waren jetzt dreisprachig, und auch vor Gericht durfte man sich der deutschen Sprache bedienen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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