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Wo einst der Fuß des Kriegers trat, wächst heut der schönste Kopfsalat (Teil 21)

Wiebke Schmidt
In den Anfangsjahren von Swakopmund sind die Häuser potentielle Brandgefahren. So gut wie alles hier ist aus Holz gebaut, doch eine Brandwache gibt es nicht. Erst im Jahr 1906 und nach mehreren verheerenden Feuersbrünsten wird Swakopmunds freiwillige Feuerwehr ins Leben gerufen.

Kein Baum, kein Strauch. Nur Sand, Walknochen und Schwemmholz am Strand, dazu weitgefächert Bretterbuden. Swakopmunds Begrüßungsanblick ist Ende des 19. Jahrhunderts alles andere als paradiesisch. Es geht zwar zu wie in einem Ameisennest, emsig wird gebaut, doch die Siedler müssen nehmen, was verfügbar ist oder was sie mitgebracht haben. Wer keine zerlegbare, transportable Baracke oder ein exquisit vorgefertigtes Holzhaus mit im Gepäck hat, bedient sich der vielen, inzwischen vorrätigen Bierkistenbretter. „Ein Zeichen für den Swakopmunder Bierdurst“, so ein Zitat aus dem Brief eines Unbekannten, geschrieben im Jahr 1895.

Wegen Feuergefahr werden die Holzbuden und -verschläge vorsorglich in großzügigem Abstand zum Nachbarn errichtet. Brandgefahren lauern dennoch überall. Es wird auf offenem Feuer gekocht und Kerzen sind des Nachts die Hauptlichtquelle, doch eine Feuerspritze für den Notfall gibt es nicht. Sie wäre auch zwecklos, denn was bringt eine Spritze ohne Wasserreservoir, Wasserleitung oder Hydranten? Der Swakopmunder holt sich noch mühsam sein Wasser für den Haushalt aus einer offenen Wasserstelle im Swakoprivier. Später pumpt ein Windmotor das Trinkwasser in kleine Hochbassins.

Über die ersten Brände gibt es so gut wie keine Dokumentation. Erst im Jahr 1897 wird berichtet, dass das Hotel „Stadt Hamburg“ vollständig ausbrannte. Um einer Feuergefahr vorzubeugen, stellen die Handelshäuser – wie zum Beispiel die Damara und Namaqua Handelsgesellschaft (heute Woermann Brock & Co) und die Deutsche Kolonialgesellschaft – als Feuerlöschreserve große Wassertonnen auf ihre Grundstücke. Auch das Versorgungsamt (auf den Grundstücken des heutigen Leuchtturms und Magistratsgebäudes) sorgt so vor.
Als am 13. November 1901 ein Feuer fast die Post im Haus der Siedlungsgesellschaft vernichtet, zieht die Gemeinschaft endlich ernsthaft eine freiwillige Feuerwehr in Erwägung. In aller Eile haben heldenhafte Männer noch die Postsachen sowie Apparate des Telegraphen- und Fernsprechverkehrs gerettet und weitere Helfer einen Schlauch vom Grundstück der Damara & Namaqua Handelsgesellschaft gelegt und diesen an das Wasserreservoir angeschlossen. Doch das Gebäude brennt beinahe vollständig nieder. Die Zeitung berichtet, dass ein Kru-Junge (Matrosen aus West-Afrika, die für die Löscharbeiten von Fracht eingesetzt werden) mit einem Streichholz ein Geldstück gesucht habe. Dabei sei er einem Petroleumbehälter zu nahe gekommen. Die Ursache ist geliefert, die Angelegenheit bleibt vorerst wieder nur ein heißes Diskussionsthema.

Nach einigen weiteren Bränden keimt die Idee einer freiwilligen Feuerwehr bei den Händlern und bei der Kaiserlichen Bezirkshauptmannschaft zwar weiter, stagniert aber gleich wieder bei der Finanzierungsfrage. Inzwischen sind die ersten Wasserleitungen für den Molenbau gelegt worden, aber an Hydranten hat leider keiner gedacht. Am 19. Januar 1903 kommt bei einer Versammlung der Swakopmunder Bürger das Thema Feuerwehr erneut auf. Jetzt werden die Hausbesitzer und Handelshäuser aufgefordert, dem Wert ihres Anwesens entsprechende Spenden zur Beschaffung notwendiger Feuerlöschgeräte zu leisten. Knapp 2700 Mark kommen zusammen.

Ein Jahr später erklärt sich das Kaiserliche Gouvernement bereit, 1500 Mark für die Beschaffung der Feuerlöschgeräte hinzuzusteuern. Bestellt werden bei der Kolonialgesellschaft eine vierrädrige Spritze mit Saug- und Löschschlauch sowie zwei zweirädrige Wasserwagen. Weil aber die Besitzverhältnisse noch nicht geklärt sind, wird die Ware nach Ankunft nicht freigegeben. Inmitten der Verhandlungen bricht am 25. September 1905 vormittags in der Brauerei ein Feuer aus. Der Brand kann ohne großen Schaden gelöscht werden, doch dieser Schreck sorgt endlich für Einsicht und Handeln. Am 15. Dezember 1905 übernehmen bei einer weiteren Bürgerversammlung Dr. Zachlehner und die Herren Hintze, Günther, Roell und Zachalowsky das Amt des Vorstands der freiwilligen Feuerwehr von Swakopmund.

Chaos dann jedoch am 23. Februar 1906. Ein Feuer bricht auf dem Hof der Swakopmunder Buchhandlung aus. Doch die Löschgeräte stehen immer noch im Hafen und zur Aufstellung einer richtigen Feuerwehrmannschaft ist es auch noch nicht gekommen. Es hagelt Proteste. Weitere zwei Monate gehen ins Land, bis am 5. April 1906 die Geräte endlich der Feuerwehr übergeben werden. Ein neuerbauter Wellblechschuppen auf dem Gelände der Katholischen Mission dient als Gerätehaus. Mit 25 Feuerwehrleuten und drei Hauptmännern braucht auch auf die Taufe nicht lange gewartet zu werden. Die Germania-Drogerie brennt. Binnen Minuten ist die Wehr zur Stelle. Die Männer ziehen den Spritzenwagen per Hand durch den dicken Sand. Als äußerst vorteilhaft zeigt sich zudem, dass der Ort von Schienen durchzogen ist, denn die Otavibahn bringt zusätzlich einen gefüllten Wassertender, und das Feuer ist schnell gelöscht. Ein vorbildlicher Einsatz, der motiviert.
Ab jetzt werden regelmäßig Übungen abgehalten und diese natürlich anschließend bei einem Bier besprochen. Mittlerweile besitzt die Küstenstadt zwar ein Wasserleitungsnetz mit Hydranten, nur rosten diese leider immer wieder fest. Auch reicht der Wasserdruck oft nicht aus. Es gibt so einiges zu beratschlagen.

Im Februar 1909 erhält Swakopmund eine selbständige Ortsverwaltung. Der erste Bürgermeister Dr. Kötz geht mit der freiwilligen Wehr einen Vertrag über Kosten, Instandhaltung der Löschgeräte, Feuerwehrmannschaft und Übungsverpflichtung ein. Es scheint zu klappen, immerhin gibt es 1912 in Swakopmund fünf Alarmstellen und überall Feuerhörner (ähnlich einer Trompete). Einmal im Jahr prüft nun die Hafenbehörde die Geräte und stellt eine entsprechende Bescheinigung aus. Die Feuerwehr scheint einsatzbereit.

Feueralarm am 8. Mai 1914 morgens um 2.30 Uhr. Das Signalhorn scheucht die Bürger aus dem Tiefschlaf. „Niemand wusste zunächst wo es brannte, der feurio-blasende Eingeborene wusste den Ort des Brandes selbst nicht anzugeben“, schreibt die Zeitung.

Das Hotel Kaiserhof steht in Flammen. Alle Gäste können sich durchs Portal nach draußen retten, nur Herr Henckert-Rehoboth bleibt in seinem Zimmer vom Feuer eingeschlossen. Geistesgegenwärtig klemmt er sich seinen Badeschwamm zwischen die Zähne, rutscht durchs Fenster die ihm entgegengestreckte Fahnenstange hinab und entkommt so knapp dem Erstickungstod. „Nicht unerwähnt wollen wir lassen, dass Herr Zollbeamter Behr, die Fahne derselben vorab gerettet hat“, registriert der Reporter.

Ein paar Wochen später bricht der Erste Weltkrieg aus. Die Männer werden eingezogen, die Stadt nach der ersten Beschießung evakuiert. Die freiwillige Feuerwehr wird zu den Akten gelegt, doch eine Fortsetzung ihrer heldenhaften Taten soll folgen…

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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