Wo einst der Fuß des Kriegers trat, wächst heut der schönste Kopfsalat (Teil 28)
Die Deutschen kapitulieren 1915 bei Khorab. Die evakuierten Swakopmunder kehren nach Hause zurück. Obwohl der Stadtrat unter Führung von Bürgermeister Arnold Schad seine Arbeit wieder aufnimmt, untersteht die Zivilverwaltung nun einem Militär-Magistrat. In Sachen Brandschutz lehnt dieser eine Pflichtfeuerwehr ab, die freiwillige Feuerwehr muss also wieder her.
Die Männer mit dem sozialen Pflichtgefühl, die ehrenamtlich Dienst für eine gute Sache schieben, finden sich auch wieder ein. Und sie beeindrucken die Besatzungsmacht im August 1917, als im Hafen ein Feuer ausbricht und alle sofort zur Stelle sind. Zur Stelle sind die Männer allerdings auch, als am 7. Oktober 1918 einer der Kameraden seine Silberhochzeit feiert. Vollzählig treten sie an und beweisen, dass sie nicht nur Feuer, sondern auch ihren Durst gut löschen können. Obwohl nächtliches Ausgangsverbot herrscht, feiert die Gruppe mit entsprechend lautem Gesang bis in die frühen Morgenstunden. Das wiederum lockt die Polizei an. Es kommt zur Anklage. Fast vollzählig erscheint die Wehr vor Gericht, doch der Militär-Magistrat F. W. Bult ist gnädig gestimmt und die Männer kommen mit einer Verwarnung davon.
Die freiwillige Feuerwehr bleibt präsent, übt fleißig für den Notfall, rüstet gegen Rauchentwicklung auf, und im Jahr 1932 werden sogar die Pferdefuhrwerke gegen ein Auto eingetauscht. Bei der großen Flut im Jahr 1934 kämpfen die mutigen Herren nicht gegen ein Feuer, sondern gegen die Wassermassen und bleiben – von der neuen Regierung im Stich gelassen – auf den entstandenen Kosten sitzen. Anstatt die Arbeit dieser Unterstützer zu würdigen, kommt es immer öfter zu Missstimmungen zwischen der Wehr und dem Stadtrat. Die Vergütung für monatliche Übungen und für die Uniformen werden abgelehnt, so lässt die Tendenz, in der Not Hilfe zu leisten, immer mehr nach. 1950 erreicht das Verhältnis zwischen Stadt und den noch vorhandenen Wehr-Mitgliedern seinen Tiefpunkt. Im November 1952 ist es dann so weit. Brandmeister Fritz Baas tritt mit folgender Begründung zurück: „…da im vergangenen Dienstjahr für die Wehr kein Interesse gezeigt wurde von Seiten der Stadtverwaltung, sehe ich nicht ein warum wir im Ernstfalle uns lächerlich machen sollen.“
Mit beidem soll er Recht bekommen. Trotz einer Demo, bei der auf die vielen Mängel hingewiesen wird, bleibt die Wehr mit völlig veralteter und unzureichender Gerätschaft sitzen. Dann tritt der Ernstfall ein und mit ihm die bisher wohl größte Blamage der Swakopmunder Feuerwehrgeschichte.
Es ist der 1. Februar 1953. Die Fregatte „Actaeon“ der englischen Kriegsmarine ist zu Besuch. Alle Matrosen haben Landgang. Einige der Besatzung spielen gegen eine Swakopmunder Mannschaft Fußball, andere trinken sich einen über den Durst und stellen dabei der Damenwelt nach. Sie werden von der Polizei verhaftet und in die Polizeizellen (im heutigen Magistratsgericht) gesperrt, ohne ihnen jedoch vorab die Zigaretten und Zündhölzer abzunehmen. Ein fataler Fehler: Ob bewusst oder unbewusst angesteckt, plötzlich stehen die Zellen in Flammen. Die freiwillige Feuerwehr wird gerufen. Doch irgendwie ist der Bolzen, der den Spritzenwagen mit dem Auto verbindet, abhanden gekommen. In Eile wird ein Provisorium genommen. An der Kreuzung Woermann-/Moltkestraße geschieht das Malheur. Der Not-Bolzen löst sich, die Spritze macht sich selbstständig, schießt auf das Geschäftsgebäude Woermann Brock & Co zu und kommt – zum Glück – vor und nicht im Laden zum Stehen. Nun ist auch dieser Bolzen in der Schnelle nicht mehr auffindbar. Kurzentschlossen setzt sich ein Feuerwehrmann hinten auf die Ladefläche des Autos, stemmt seine Füße gegen die Lastklappe und hält mit den Händen die Deichsel der Spritze. Besonders schnell geht es jetzt nicht weiter, umso schneller schwinden aber dem Wehrmann die Kräfte. Er kann nicht mehr halten, muss loslassen, und die Spritze rollt ein zweites Mal allein von dannen. Am Bordstein zwischen den Palmen bleibt sie stehen. Peinlich, peinlich. Es kommt noch dicker. „25 Minuten zu spät am Brandherd, und das ohne Spritzenwagen, kein geschulter Hauptmann vor Ort, die Schläuche sind so porös, dass an vielen Stellen das Wasser herausspritzt. Die Wehr hat keine Leiter und nicht genügend Beile dabei“, wird dokumentiert.
Beschämend allerdings auch der Auftritt der Gaffer, die schallend lachend herumstehen, anstatt den Männern zu Hilfe zu eilen. Spaßvögel erlauben sich zusätzlich einen Scherz und stellen in der darauffolgenden Nacht den Spritzenwagen am Museum ab. Darüber ist wiederum die Stadt keineswegs amüsiert. Während sie den Wagen zurückfordert, verlangen nun die Bürger und die Geschäftswelt eine Antwort: „Ob der Stadtrat wohl je beabsichtigt, die Feuerwehr in personeller und technischer Hinsicht auf einen Stand zu bringen?“
Viel Zeit darüber nachzudenken bleibt ihr nicht. Am 13. Mai 1953 brennt das Elektrizitätswerk. Der Ostwind heizt die Katastrophe an. Der ganze Häuserblock um das Werk muss geräumt werden, 35 Familien werden evakuiert, drei Läden geräumt. Gasflaschen explodieren. Das Desaster wird den Swakopmundern am Abend zusätzlich richtig bewusst. Kein Wasser, kein Licht, keine Elektrizität, die Kühl- und Eisschränke sind bei dem Ostwindwetter schnell aufgetaut.
Obwohl der Brand des E-Werks deutlich demonstriert, wie unzureichend Swakopmund im Notfall gerüstet ist, dauert es noch 23 Monate bis eine neue Feuerwehr angeschafft wird.
Im Jahr 2010 erhält Swakopmunds Feuerwehr, die nun von städtischen Steuergeldern getragen wird, ganz neue Räumlichkeiten. Die Station befindet sich in der Rakotokastraße neben dem neuen Rathaus und erhält den Namen „Philipus Namalemo“. Die regierende Partei SWAPO will so eines ihrer Gründungsmitglieder als Helden ehren. Er habe sein Leben riskiert, indem er sein Haus in Swakopmund als ein inoffizielles, regionales Hauptquartier der SWAPO zur Verfügung stellte, heißt es in einem Presseschreiben. Alle großen SWAPO-Genossen seien damals auf dem Weg in die Verbannung durch sein Haus gegangen. Der Mann sei mehrmals verhaftet, gequält, mit Elektroschocks gefoltert und geschlagen worden, dennoch habe er sich unter dem damaligen Terrorismus-Gesetz immer wieder überzeugend für die SWAPO eingesetzt.
Der Name und die damit verbundene Zeit sorgen am Tag der Namensgebung allerdings auch bei einigen Bürgern für einen bitteren Beigeschmack. Die SWAPO-Huldigung ruft bei vielen den Terroranschlag vom 31. Dezember 1978 in Erinnerung, als eine Bombe das „Putensen Café Treffpunkt“ in der Innenstadt von Swakopmund zerstört. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die Männer mit dem sozialen Pflichtgefühl, die ehrenamtlich Dienst für eine gute Sache schieben, finden sich auch wieder ein. Und sie beeindrucken die Besatzungsmacht im August 1917, als im Hafen ein Feuer ausbricht und alle sofort zur Stelle sind. Zur Stelle sind die Männer allerdings auch, als am 7. Oktober 1918 einer der Kameraden seine Silberhochzeit feiert. Vollzählig treten sie an und beweisen, dass sie nicht nur Feuer, sondern auch ihren Durst gut löschen können. Obwohl nächtliches Ausgangsverbot herrscht, feiert die Gruppe mit entsprechend lautem Gesang bis in die frühen Morgenstunden. Das wiederum lockt die Polizei an. Es kommt zur Anklage. Fast vollzählig erscheint die Wehr vor Gericht, doch der Militär-Magistrat F. W. Bult ist gnädig gestimmt und die Männer kommen mit einer Verwarnung davon.
Die freiwillige Feuerwehr bleibt präsent, übt fleißig für den Notfall, rüstet gegen Rauchentwicklung auf, und im Jahr 1932 werden sogar die Pferdefuhrwerke gegen ein Auto eingetauscht. Bei der großen Flut im Jahr 1934 kämpfen die mutigen Herren nicht gegen ein Feuer, sondern gegen die Wassermassen und bleiben – von der neuen Regierung im Stich gelassen – auf den entstandenen Kosten sitzen. Anstatt die Arbeit dieser Unterstützer zu würdigen, kommt es immer öfter zu Missstimmungen zwischen der Wehr und dem Stadtrat. Die Vergütung für monatliche Übungen und für die Uniformen werden abgelehnt, so lässt die Tendenz, in der Not Hilfe zu leisten, immer mehr nach. 1950 erreicht das Verhältnis zwischen Stadt und den noch vorhandenen Wehr-Mitgliedern seinen Tiefpunkt. Im November 1952 ist es dann so weit. Brandmeister Fritz Baas tritt mit folgender Begründung zurück: „…da im vergangenen Dienstjahr für die Wehr kein Interesse gezeigt wurde von Seiten der Stadtverwaltung, sehe ich nicht ein warum wir im Ernstfalle uns lächerlich machen sollen.“
Mit beidem soll er Recht bekommen. Trotz einer Demo, bei der auf die vielen Mängel hingewiesen wird, bleibt die Wehr mit völlig veralteter und unzureichender Gerätschaft sitzen. Dann tritt der Ernstfall ein und mit ihm die bisher wohl größte Blamage der Swakopmunder Feuerwehrgeschichte.
Es ist der 1. Februar 1953. Die Fregatte „Actaeon“ der englischen Kriegsmarine ist zu Besuch. Alle Matrosen haben Landgang. Einige der Besatzung spielen gegen eine Swakopmunder Mannschaft Fußball, andere trinken sich einen über den Durst und stellen dabei der Damenwelt nach. Sie werden von der Polizei verhaftet und in die Polizeizellen (im heutigen Magistratsgericht) gesperrt, ohne ihnen jedoch vorab die Zigaretten und Zündhölzer abzunehmen. Ein fataler Fehler: Ob bewusst oder unbewusst angesteckt, plötzlich stehen die Zellen in Flammen. Die freiwillige Feuerwehr wird gerufen. Doch irgendwie ist der Bolzen, der den Spritzenwagen mit dem Auto verbindet, abhanden gekommen. In Eile wird ein Provisorium genommen. An der Kreuzung Woermann-/Moltkestraße geschieht das Malheur. Der Not-Bolzen löst sich, die Spritze macht sich selbstständig, schießt auf das Geschäftsgebäude Woermann Brock & Co zu und kommt – zum Glück – vor und nicht im Laden zum Stehen. Nun ist auch dieser Bolzen in der Schnelle nicht mehr auffindbar. Kurzentschlossen setzt sich ein Feuerwehrmann hinten auf die Ladefläche des Autos, stemmt seine Füße gegen die Lastklappe und hält mit den Händen die Deichsel der Spritze. Besonders schnell geht es jetzt nicht weiter, umso schneller schwinden aber dem Wehrmann die Kräfte. Er kann nicht mehr halten, muss loslassen, und die Spritze rollt ein zweites Mal allein von dannen. Am Bordstein zwischen den Palmen bleibt sie stehen. Peinlich, peinlich. Es kommt noch dicker. „25 Minuten zu spät am Brandherd, und das ohne Spritzenwagen, kein geschulter Hauptmann vor Ort, die Schläuche sind so porös, dass an vielen Stellen das Wasser herausspritzt. Die Wehr hat keine Leiter und nicht genügend Beile dabei“, wird dokumentiert.
Beschämend allerdings auch der Auftritt der Gaffer, die schallend lachend herumstehen, anstatt den Männern zu Hilfe zu eilen. Spaßvögel erlauben sich zusätzlich einen Scherz und stellen in der darauffolgenden Nacht den Spritzenwagen am Museum ab. Darüber ist wiederum die Stadt keineswegs amüsiert. Während sie den Wagen zurückfordert, verlangen nun die Bürger und die Geschäftswelt eine Antwort: „Ob der Stadtrat wohl je beabsichtigt, die Feuerwehr in personeller und technischer Hinsicht auf einen Stand zu bringen?“
Viel Zeit darüber nachzudenken bleibt ihr nicht. Am 13. Mai 1953 brennt das Elektrizitätswerk. Der Ostwind heizt die Katastrophe an. Der ganze Häuserblock um das Werk muss geräumt werden, 35 Familien werden evakuiert, drei Läden geräumt. Gasflaschen explodieren. Das Desaster wird den Swakopmundern am Abend zusätzlich richtig bewusst. Kein Wasser, kein Licht, keine Elektrizität, die Kühl- und Eisschränke sind bei dem Ostwindwetter schnell aufgetaut.
Obwohl der Brand des E-Werks deutlich demonstriert, wie unzureichend Swakopmund im Notfall gerüstet ist, dauert es noch 23 Monate bis eine neue Feuerwehr angeschafft wird.
Im Jahr 2010 erhält Swakopmunds Feuerwehr, die nun von städtischen Steuergeldern getragen wird, ganz neue Räumlichkeiten. Die Station befindet sich in der Rakotokastraße neben dem neuen Rathaus und erhält den Namen „Philipus Namalemo“. Die regierende Partei SWAPO will so eines ihrer Gründungsmitglieder als Helden ehren. Er habe sein Leben riskiert, indem er sein Haus in Swakopmund als ein inoffizielles, regionales Hauptquartier der SWAPO zur Verfügung stellte, heißt es in einem Presseschreiben. Alle großen SWAPO-Genossen seien damals auf dem Weg in die Verbannung durch sein Haus gegangen. Der Mann sei mehrmals verhaftet, gequält, mit Elektroschocks gefoltert und geschlagen worden, dennoch habe er sich unter dem damaligen Terrorismus-Gesetz immer wieder überzeugend für die SWAPO eingesetzt.
Der Name und die damit verbundene Zeit sorgen am Tag der Namensgebung allerdings auch bei einigen Bürgern für einen bitteren Beigeschmack. Die SWAPO-Huldigung ruft bei vielen den Terroranschlag vom 31. Dezember 1978 in Erinnerung, als eine Bombe das „Putensen Café Treffpunkt“ in der Innenstadt von Swakopmund zerstört. Aber das ist eine andere Geschichte.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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