Wo Männer noch Männer sein können
Von Lucas Kesselhut, Windhoek
Irgendwie klingt Herrenfriseur altmodisch, angestaubt und wird dem Salon von Oliver Reissner nicht gerecht, obwohl der Laden des 31-Jährigen genau das ist: Ein Friseur für Männer. Barbershop ist der passendere Begriff, den der Friseur auch selbst benutzt, um sein Geschäft zu beschreiben. Ein Laden wie aus der guten alten Zeit der Fünfziger und Sechziger. Als die Muscle Cars noch die Straßen von New York beherrschten und aus den Cafés der Qualm von teuren Zigaretten drang. Als die Haarpflege des Mannes für die meisten noch ein angenehmes Ritual war.
Ein bisschen fühlt man sich in diese Zeit versetzt, wenn man den Barbershop in der Königsstraße 6 in Klein-Windhoek betritt. Der Boden mit seinem schwarz-weißen Fliesenmuster könnte auch so in einem American Diner verlegt sein, es fehlt nur noch die nette Dame an der Bar, die fragt, was es denn zum Essen sein soll. An den Wänden hängt eine alte Gitarre, an einer anderen wiederum alte Reklame-Poster, auf denen Werbung für John-Deere-Traktoren gemacht wird.
Oliver Reissner hat sich mit dem Geschäft einen Traum erfüllt. Der 31-Jährige ist in Johannesburg geboren und kam mit fünf Jahren nach Windhoek. Dort hat er seine Schule beendet und ging für sieben Jahre nach Kapstadt. Er studierte Audio-Technik und industrielles Design und kam 2011 zurück nach Windhoek, um beim Militär zu arbeiten. Ein Lebenslauf, der nicht unbedingt nach dem eines Frisörs klingt.
„Ich habe mir meine Haare immer selbst geschnitten, weil ich die Männerschnitte nie mochte, die man in Windhoek bekommt“, sagt er. Irgendwann haben seine Kumpel das mitbekommen und fanden es cool. Daraufhin schnitt Oliver nicht nur sich selbst die Haare, sondern auch seinen Freunden. „Und dann wurden es immer mehr“, so der Frisör. Aus dem improvisierten Haarsalon im Garten – bestehend aus einem Stuhl – wurde dann ein Barbershop in der Garage. „Das war richtig gemütlich, aber irgendwann rannten mir die Jungs dann die Bude ein“, erinnert sich Reissner. Irgendwann wurde aus dem normalen Haareschneiden eine Party, zu der immer zehn bis zwölf Leute kamen. Und das fast jeden Abend.
„Das wurde dann einfach zu viel. Deswegen habe ich meinen Job gekündigt und bin nach Johannesburg geflogen, um dort eine ordentliche Lehre zum Frisör zu machen“, sagt der 31-Jährige. Am Freitag, den 13. November 2015, eröffnete er dann seinen Laden in der Königsstraße. „Lucky thirteen, schätze ich“, fügt er lachend hinzu.
Seine Vorliebe für die fünfziger und sechziger Jahre ließ er in den Laden einfließen – und auch in den Namen. „Jaybird & Blade“ heißt der Salon und ist von den „Jailbirds“ aus der Rock´n Roller-Zeit abgeleitet. Denn in den Fünfzigern und Sechzigern waren unter den „Knackis“, damit könnte man „Jailbird“ übersetzen, viele Rocker, die wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen oder rüpelhaften Verhaltens eingebuchtet wurden. Aus „Jailbird“ wurde dann irgendwann der gesellschaftlich eher akzeptiertere Begriff „Jaybird“.
„Ich wollte, dass mein Laden die Funktion hat, die Barbershops früher hatten“, so Reissner. Denn damals waren sie eher ein Medium. Die Friseure waren oftmals Übermittler von Nachrichten, da sie durch ihre Kunden immer topinformiert waren, was politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich so passierte. Der Friseurladen wurde zur Diskussions- und Informationsplattform. Das ist auch das Ziel von Oliver Reissner. „Hier gibt es kein Internet und kein normales Fernsehprogramm, die Leute sollen miteinander reden“, sagt er. Auf dem Bildschirm im Laden laufen alte Videos aus genau der Zeit, die der Friseur so liebt. „Die Männer sollen sich hier einfach wohlfühlen“, fasst er zusammen.
Und die Frauen? Denen sagt der 31-Jährige, dass es für sie genug Friseurläden in der Stadt gebe. Denn in Windhoek verdiene man mit Frauenfrisuren ein Vielfaches mehr als mit Männerschnitten. „Und deswegen nehmen sich die Frisöre hier nicht unbedingt viel Zeit für den Männerkopf“, sagt Reissner. Und dieses Gehetze habe ihn immer gestört. Er selbst versuche, sich für jeden Kunden mindestens eine Stunde Zeit zu nehmen. „Ich möchte mich nämlich selbst nicht stressen und die Kunden ebenso wenig“, sagt er.
Im „Jaybird & Blade“ sollen Männer wieder Männer sein, über Dinge diskutieren, über die sie eben diskutieren wollen, und sich wohlfühlen. „Wenn jemand morgens um neun Uhr ein Bierchen will, dann kriegt er eben morgens um neun Uhr ein Bierchen“, so Reissner. Und dieses Denken scheint anzukommen. Der Terminplan des gebürtigen Südafrikaners ist voll, die nächsten drei Wochen seien ausgebucht. „Ich muss mir mal überlegen, ob ich mich nicht zweiteilen sollte“, scherzt er.
Die Kunden sind so verschieden wie die ganzen Dekorationen, die im Laden stehen. Rechtsanwälte, Minenarbeiter, Afrikaner, Deutsche, Chinesen. Das Klientel sei bunt gemischt. „Viele bringen auch ihre alten Väter mit, die finden den Stil hier richtig gut, weil es eben etwas anderes ist“, sagt Reissner. In naher Zukunft wird der Barbershop um ein Tattoo-Studio reicher. Dafür zieht Reissners Freundin von Johannesburg nach Windhoek. Dann wird es neben der Musik von Johnny Cash und Elvis auch das leise Summen der Stechnadel zu hören geben. An dem Ort, an dem Männer eben noch Männer sein können. „Jaybird ist wie eine Familie und so soll es auch bleiben“, sagt Oliver Reissner abschließend.
Irgendwie klingt Herrenfriseur altmodisch, angestaubt und wird dem Salon von Oliver Reissner nicht gerecht, obwohl der Laden des 31-Jährigen genau das ist: Ein Friseur für Männer. Barbershop ist der passendere Begriff, den der Friseur auch selbst benutzt, um sein Geschäft zu beschreiben. Ein Laden wie aus der guten alten Zeit der Fünfziger und Sechziger. Als die Muscle Cars noch die Straßen von New York beherrschten und aus den Cafés der Qualm von teuren Zigaretten drang. Als die Haarpflege des Mannes für die meisten noch ein angenehmes Ritual war.
Ein bisschen fühlt man sich in diese Zeit versetzt, wenn man den Barbershop in der Königsstraße 6 in Klein-Windhoek betritt. Der Boden mit seinem schwarz-weißen Fliesenmuster könnte auch so in einem American Diner verlegt sein, es fehlt nur noch die nette Dame an der Bar, die fragt, was es denn zum Essen sein soll. An den Wänden hängt eine alte Gitarre, an einer anderen wiederum alte Reklame-Poster, auf denen Werbung für John-Deere-Traktoren gemacht wird.
Oliver Reissner hat sich mit dem Geschäft einen Traum erfüllt. Der 31-Jährige ist in Johannesburg geboren und kam mit fünf Jahren nach Windhoek. Dort hat er seine Schule beendet und ging für sieben Jahre nach Kapstadt. Er studierte Audio-Technik und industrielles Design und kam 2011 zurück nach Windhoek, um beim Militär zu arbeiten. Ein Lebenslauf, der nicht unbedingt nach dem eines Frisörs klingt.
„Ich habe mir meine Haare immer selbst geschnitten, weil ich die Männerschnitte nie mochte, die man in Windhoek bekommt“, sagt er. Irgendwann haben seine Kumpel das mitbekommen und fanden es cool. Daraufhin schnitt Oliver nicht nur sich selbst die Haare, sondern auch seinen Freunden. „Und dann wurden es immer mehr“, so der Frisör. Aus dem improvisierten Haarsalon im Garten – bestehend aus einem Stuhl – wurde dann ein Barbershop in der Garage. „Das war richtig gemütlich, aber irgendwann rannten mir die Jungs dann die Bude ein“, erinnert sich Reissner. Irgendwann wurde aus dem normalen Haareschneiden eine Party, zu der immer zehn bis zwölf Leute kamen. Und das fast jeden Abend.
„Das wurde dann einfach zu viel. Deswegen habe ich meinen Job gekündigt und bin nach Johannesburg geflogen, um dort eine ordentliche Lehre zum Frisör zu machen“, sagt der 31-Jährige. Am Freitag, den 13. November 2015, eröffnete er dann seinen Laden in der Königsstraße. „Lucky thirteen, schätze ich“, fügt er lachend hinzu.
Seine Vorliebe für die fünfziger und sechziger Jahre ließ er in den Laden einfließen – und auch in den Namen. „Jaybird & Blade“ heißt der Salon und ist von den „Jailbirds“ aus der Rock´n Roller-Zeit abgeleitet. Denn in den Fünfzigern und Sechzigern waren unter den „Knackis“, damit könnte man „Jailbird“ übersetzen, viele Rocker, die wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen oder rüpelhaften Verhaltens eingebuchtet wurden. Aus „Jailbird“ wurde dann irgendwann der gesellschaftlich eher akzeptiertere Begriff „Jaybird“.
„Ich wollte, dass mein Laden die Funktion hat, die Barbershops früher hatten“, so Reissner. Denn damals waren sie eher ein Medium. Die Friseure waren oftmals Übermittler von Nachrichten, da sie durch ihre Kunden immer topinformiert waren, was politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich so passierte. Der Friseurladen wurde zur Diskussions- und Informationsplattform. Das ist auch das Ziel von Oliver Reissner. „Hier gibt es kein Internet und kein normales Fernsehprogramm, die Leute sollen miteinander reden“, sagt er. Auf dem Bildschirm im Laden laufen alte Videos aus genau der Zeit, die der Friseur so liebt. „Die Männer sollen sich hier einfach wohlfühlen“, fasst er zusammen.
Und die Frauen? Denen sagt der 31-Jährige, dass es für sie genug Friseurläden in der Stadt gebe. Denn in Windhoek verdiene man mit Frauenfrisuren ein Vielfaches mehr als mit Männerschnitten. „Und deswegen nehmen sich die Frisöre hier nicht unbedingt viel Zeit für den Männerkopf“, sagt Reissner. Und dieses Gehetze habe ihn immer gestört. Er selbst versuche, sich für jeden Kunden mindestens eine Stunde Zeit zu nehmen. „Ich möchte mich nämlich selbst nicht stressen und die Kunden ebenso wenig“, sagt er.
Im „Jaybird & Blade“ sollen Männer wieder Männer sein, über Dinge diskutieren, über die sie eben diskutieren wollen, und sich wohlfühlen. „Wenn jemand morgens um neun Uhr ein Bierchen will, dann kriegt er eben morgens um neun Uhr ein Bierchen“, so Reissner. Und dieses Denken scheint anzukommen. Der Terminplan des gebürtigen Südafrikaners ist voll, die nächsten drei Wochen seien ausgebucht. „Ich muss mir mal überlegen, ob ich mich nicht zweiteilen sollte“, scherzt er.
Die Kunden sind so verschieden wie die ganzen Dekorationen, die im Laden stehen. Rechtsanwälte, Minenarbeiter, Afrikaner, Deutsche, Chinesen. Das Klientel sei bunt gemischt. „Viele bringen auch ihre alten Väter mit, die finden den Stil hier richtig gut, weil es eben etwas anderes ist“, sagt Reissner. In naher Zukunft wird der Barbershop um ein Tattoo-Studio reicher. Dafür zieht Reissners Freundin von Johannesburg nach Windhoek. Dann wird es neben der Musik von Johnny Cash und Elvis auch das leise Summen der Stechnadel zu hören geben. An dem Ort, an dem Männer eben noch Männer sein können. „Jaybird ist wie eine Familie und so soll es auch bleiben“, sagt Oliver Reissner abschließend.
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Allgemeine Zeitung
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