Zahlreiche Wissenschaftler schlagen Alarm
Von Dirk Heinrich,
Windhoek
Zahlreiche Vogelarten, die in Namibia vom Aussterben bedroht sind, sind auch international in der gleichen Kategorie eingestuft. Zu diesen gehören Albatrosse, Geier, Kraniche und Trappen. Als in der Naturschutzwoche der Namibia Nature Foundation – 18. bis 21. Mai dieses Jahres – das Buch über Namibias bedrohte, seltene und endemische Vogelarten offiziell vorgestellt wurde, informierten die Autoren und Forscher die anwesenden Gäste, darunter auch der Minister für Umwelt und Tourismus, Pohamba Shifeta, über die Gefahren für zahlreiche der 71 in Namibia bedrohten Arten und stellten einige Lösungsvorschläge vor.
Dr. Jessica Kemper, die zur Zeit Namibias Afrikanische Pinguine erforscht, informierte die zahlreich erschienenen Interessenten, dass das Los der bedrohten Seevögel vor allem am Überfischen der Sardinen liegt, eine Fischart, die durch die Industrie so gut wie ausgerottet worden ist und dadurch die Zahl der Pinguine (-55 Prozent), Kaptölpel (-84 Prozent) und Küstenscharbe (eine Kormoranart; - 53 Prozent) seit Jahren stetig abnimmt. Selbst der Bestand der wichtigsten Guanoproduzenten an unserer Küste, der der Kapkormorane, ist mit 57 Prozent zurückgegangen, weil das wichtigste Glied in der Nahrungskette fehlt. „Tausende Albatrosse, Sturmschwalben und Raubmöwen sterben jährlich vor Namibias Küste an den Haken der Langleinen und in den Leinen der Schleppnetze. Dabei könnten mit einfachsten Mitteln, neuen Gesetzen und gründlicher Kontrolle diese Gefahr auf ein Minimum reduziert werden“, sagte Dr. Kemper. Etwa 20 000 Seevögel werden jährlich von Haken an den Langleinen in die Tiefe gezogen und ertrinken, wenn die Vögel beim Auslegen die Köder schnappen und sich anschließend nicht vom Haken befreien können. Beim Einholen der Schleppnetze fliegen die Seevögel an die Leinen, brechen sich die Flügel und verenden – etwa 10 000 im Jahr. Hier soll vor allem das Ministerium für Fischerei und Meeresressourcen beauftragt werden, die Schiffseigentümer gesetzlich dazu zu zwingen, einfache und in der Herstellung billige Schutzleinen (Torri-lines) anzubringen. Zudem muss für einige Jahre der Fang der Sardinen völlig verboten werden, damit sich der Bestand erholen kann, zum Vorteil der bedrohten Vogelarten, zahlreicher Fischarten und der Fischindustrie.
Dr. Rob Simmons, ein ehemaliger Ornithologe des Umweltministeriums, wies in seinem Vortrag darauf hin, dass zahlreiche Raubvögel und Geier vor allem wegen des teilweise unverantwortlichen Gebrauchs von Giften und Pestiziden an den Rand des Aussterbens gebracht wurden. Die Bestände von zahlreichen Adler- und Geierarten erholen sich nur langsam, weil diese Tiere unter guten Umständen nur ein Junges pro Jahr großziehen. Farmer können jedoch weiterhin Gift bei der Problemtierbekämpfung einsetzen und beim Ackerbau wird oft unverantwortlich mit Pestiziden umgegangen. Zahlreiche Gifte, die langfristig sehr schädlich für die Umwelt sind, sind ohne Probleme in zahlreichen Geschäften erhältlich. Seit einigen Jahren benutzen sogar Wilderer Gift, um Aasgeier zu töten, die ansonsten die Kadaver der gewilderten Tiere wie die von Elefanten verraten. So wurden allein in Namibia und Botswana in den vergangenen zwei Jahren fast 1 000 Geier vergiftet.
Die Zerstörung der Lebensräume von Arten, die in Feuchtgebieten heimisch sind, ist der wichtigste Faktor, dass 22 Arten bedroht sind. Zu ihnen gehören Störche, Kraniche, einige Reiher, Fischeulen und Scherenschnabel, so Holger Kolberg, Spezialist für Feucht- und Ramsar-Gebiete im Ministerium für Umwelt und Tourismus. Bäume an und in der Nähe von Flüssen und Ufervegetation, die vernichtet werden, haben zur Folge, dass viele Arten keine Nistgelegenheiten und Verstecke mehr finden. Die Zerstörung des Lebensraums führt dazu, dass die Arten nicht mehr brüten und wegziehen. Die Qualität des Wassers spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, denn wenn die Wasserqualität abnimmt, fehlt es an Nahrung und die Bestände schrumpfen.
John Pallet hat zusammen mit Forschern in Südafrika herausgefunden, dass Hochspannungsleitungen für den Tod unzähliger Trappen, darunter auch die bedrohte Ludwigs-Trappe, verantwortlich sind. Aber auch Raubvögel, Geier und Flamingos sterben, wenn sie gegen die kaum sichtbaren Leitungen fliegen. Zahlreiche Vogelarten sind in der Nacht unterwegs, wenn sie die Leitungen überhaupt nicht sehen können,
und das den Vögeln unbekannte
und nicht natürliche Hindernis wird zur Todesfalle. In der Karoo in Südafrika wird damit gerechnet, dass mindestens 10 000 Trappen im Jahr dort wegen der Hochspannungsleitungen zu Tode kommen. Hierzulande fehlt es bisher noch an genauen Zahlen, aber die bisherigen Ergebnisse sind Pallet zufolge ebenfalls erschreckend. Eine Lösung sei schwierig und sehr teuer.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen