Zehntausend Kilometer mit dem Rad durchs südliche Afrika
Trotz der Wärme trägt Stephen ein blaues Longsleeve-Shirt. Normalerweise soll es ihn vor der brennenden Sonne schützen, jetzt ist es vom namibischen Herbstregen durchweicht und klebt an seinem schlanken Körper, ebenso die grauen Schlabbershorts und das schwarze schulterlange Haar. Sein Fahrrad sichert er sorgfältig mit zwei Schlössern. Dann nimmt der Extremsportler sein spärliches Gepäck vom Träger. Zelt, Schlafsack, Kochgeschirr, Regenjacke, zwei Paar Hosen, etwas Werkzeug - insgesamt 15 Kilogramm.
Im Durchschnitt legt der Radwanderer pro Tag 80 bis 100 Kilometer zurück. Die längste Etappe führte von Keetmanhoop in den westlichen Ausläufern des Kalahari-Beckens nach Mariental. 13 Stunden brauchte Stephen für die 240 Kilometer. "Es hängt natürlich vom Gelände ab, wie weit man kommt." Auf den zahlreichen Schotterpisten können es auch mal nur 20 Kilometer sein.
Seine Tour hat er in der zweitausend Kilometer Luftlinie entfernten südafrikanischen Hafenstadt Durban gestartet. Dort kaufte er ein billiges gebrauchtes Fahrrad. Kostenpunkt: 2400 Rand. Mitte Januar machte er sich auf in die Touristenmetropole Kapstadt, von wo er sein Abenteuer nach zwei Wochen Pause mit einem amerikanischen Freund fortsetzte. Doch die Reisegewohnheiten des lebenslustigen -und etwas übergewichtigen - Bret und des drahtigen eher introvertierten Stephen waren nicht wirklich kompatibel. Nach zwei Tagen im Sattel lud der Reisekamerad sein Fahrrad in ein Taxi und kehrte nach Kapstadt zurück. Stephen kämpfte sich derweil, beladen mit dem Zusatzgewicht von acht Litern Wasser, dem Tagesbedarf eines Sportlers in der Wüstenhitze, weiter durchs Karstland.
Im milderen Klima der namibischen Hochebene leckt der Extremsportler nun erstmal seine Wunden: "Mein linkes Knie macht mir zu schaffen und meine Unterarme sind etwas taub", zählt er seine Blessuren auf. Auch muss der ausgemergelte Körper dringend wieder ein Paar Fettreserven anlegen. "Das Problem ist, dass es in Gegensatz zu Südafrika in Namibia auf dem flachen Land sehr wenige Unterkünfte mit Kochmöglichkeit gibt", berichtet Stephen. "So konnte ich mir nur selten Nudeln kochen", und die gäben nun mal die meiste Energie. "Vom Grenzübergang beim südafrikanischen Vioolsdrif bis Grünau, das sind 140 Kilometer, hatte ich beispielsweise nur eine Packung Kräcker." Ansonsten bestand die Diät hauptsächlich aus getoasteten Käse-Schinken-Sandwiches, wie es sie hier an jeder Tankstelle gibt. Oder einer Portion Instantnudeln, die Stephen auf seinem kleinen Campingstövchen zubereitet.
Nicht nur der Mensch, auch das Material hat während der bislang zurückgelegten 5000 Kilometer gehörig gelitten. Das Tretlager ist vom Sand der Schotterpisten zermahlen, der Sattel rutscht und die vielfach von Dornen und spitzen Steinen durchbohrten und geflickten Reifen müssen ersetzt werden. Das schlimmste sei aber nicht die körperliche Anstrengung sondern die Langeweile bei der langsamen Fahrt durch die afrikanischen Weiten, wo sich die Landschaften über hunderte, ja tausende Kilometer nur ganz allmählich verändern. "Manchmal schaue ich auf meinen kleinen Bordcomputer, checke meine Durchschnittsgeschwindigkeit oder setze mir Etappenziele, das hilft. Oder ich denke darüber nach, was ich mit meinem weiteren Leben anfangen möchte."
Ansonsten wundert sich Stephen über die Aufmerksamkeit, die ihm auf seiner Reise wiederfährt. "Ich habe zwar nur zwei weitere Fahrradfahrer getroffen, aber meines Wissens, machen recht Viele solche Reisen." Es sei schon erstaunlich, wie viele Leute ihn ansprächen auf seinem Weg. Sogar ein Spontaninterview hat er einem Windhoeker Radiosender gegeben. Als er am Studio vorbeifuhr, klaubte ihn die Moderatorin kurzerhand von der Straße. Warum er mit dem Drahtesel unterwegs sei, fragte die Journalistin. "Einen allradgetriebenen Geländewagen kann ich mir nun mal nicht leisten", sagt Stephen und lacht wieder sein tiefes brummendes Bärenlachen. Eine ausgeklügelte Vorbereitung hat er nicht absolviert. "Ich bin früher immer mit dem Fahrrad in die Schule gefahren, aber das ist schon ein Weilchen her."
Seine nächste Station ist Livingstone in Sambia an den Viktoriafällen. Danach geht es durch Malawi nach Daressalam in Tansania und schließlich nach Sansibar. "Am 14. Mai hat meine Schwester Geburtstag, da möchte ich in London sein", sagt Stephen zum Abschied und tritt in die Pedale. Langsam verschwindet die Silhouette des Radlers hinter den herbstlichen Regenschleiern, nach Norden, sonnigeren Gefilden entgegen.
Felix Mescoli
Im Durchschnitt legt der Radwanderer pro Tag 80 bis 100 Kilometer zurück. Die längste Etappe führte von Keetmanhoop in den westlichen Ausläufern des Kalahari-Beckens nach Mariental. 13 Stunden brauchte Stephen für die 240 Kilometer. "Es hängt natürlich vom Gelände ab, wie weit man kommt." Auf den zahlreichen Schotterpisten können es auch mal nur 20 Kilometer sein.
Seine Tour hat er in der zweitausend Kilometer Luftlinie entfernten südafrikanischen Hafenstadt Durban gestartet. Dort kaufte er ein billiges gebrauchtes Fahrrad. Kostenpunkt: 2400 Rand. Mitte Januar machte er sich auf in die Touristenmetropole Kapstadt, von wo er sein Abenteuer nach zwei Wochen Pause mit einem amerikanischen Freund fortsetzte. Doch die Reisegewohnheiten des lebenslustigen -und etwas übergewichtigen - Bret und des drahtigen eher introvertierten Stephen waren nicht wirklich kompatibel. Nach zwei Tagen im Sattel lud der Reisekamerad sein Fahrrad in ein Taxi und kehrte nach Kapstadt zurück. Stephen kämpfte sich derweil, beladen mit dem Zusatzgewicht von acht Litern Wasser, dem Tagesbedarf eines Sportlers in der Wüstenhitze, weiter durchs Karstland.
Im milderen Klima der namibischen Hochebene leckt der Extremsportler nun erstmal seine Wunden: "Mein linkes Knie macht mir zu schaffen und meine Unterarme sind etwas taub", zählt er seine Blessuren auf. Auch muss der ausgemergelte Körper dringend wieder ein Paar Fettreserven anlegen. "Das Problem ist, dass es in Gegensatz zu Südafrika in Namibia auf dem flachen Land sehr wenige Unterkünfte mit Kochmöglichkeit gibt", berichtet Stephen. "So konnte ich mir nur selten Nudeln kochen", und die gäben nun mal die meiste Energie. "Vom Grenzübergang beim südafrikanischen Vioolsdrif bis Grünau, das sind 140 Kilometer, hatte ich beispielsweise nur eine Packung Kräcker." Ansonsten bestand die Diät hauptsächlich aus getoasteten Käse-Schinken-Sandwiches, wie es sie hier an jeder Tankstelle gibt. Oder einer Portion Instantnudeln, die Stephen auf seinem kleinen Campingstövchen zubereitet.
Nicht nur der Mensch, auch das Material hat während der bislang zurückgelegten 5000 Kilometer gehörig gelitten. Das Tretlager ist vom Sand der Schotterpisten zermahlen, der Sattel rutscht und die vielfach von Dornen und spitzen Steinen durchbohrten und geflickten Reifen müssen ersetzt werden. Das schlimmste sei aber nicht die körperliche Anstrengung sondern die Langeweile bei der langsamen Fahrt durch die afrikanischen Weiten, wo sich die Landschaften über hunderte, ja tausende Kilometer nur ganz allmählich verändern. "Manchmal schaue ich auf meinen kleinen Bordcomputer, checke meine Durchschnittsgeschwindigkeit oder setze mir Etappenziele, das hilft. Oder ich denke darüber nach, was ich mit meinem weiteren Leben anfangen möchte."
Ansonsten wundert sich Stephen über die Aufmerksamkeit, die ihm auf seiner Reise wiederfährt. "Ich habe zwar nur zwei weitere Fahrradfahrer getroffen, aber meines Wissens, machen recht Viele solche Reisen." Es sei schon erstaunlich, wie viele Leute ihn ansprächen auf seinem Weg. Sogar ein Spontaninterview hat er einem Windhoeker Radiosender gegeben. Als er am Studio vorbeifuhr, klaubte ihn die Moderatorin kurzerhand von der Straße. Warum er mit dem Drahtesel unterwegs sei, fragte die Journalistin. "Einen allradgetriebenen Geländewagen kann ich mir nun mal nicht leisten", sagt Stephen und lacht wieder sein tiefes brummendes Bärenlachen. Eine ausgeklügelte Vorbereitung hat er nicht absolviert. "Ich bin früher immer mit dem Fahrrad in die Schule gefahren, aber das ist schon ein Weilchen her."
Seine nächste Station ist Livingstone in Sambia an den Viktoriafällen. Danach geht es durch Malawi nach Daressalam in Tansania und schließlich nach Sansibar. "Am 14. Mai hat meine Schwester Geburtstag, da möchte ich in London sein", sagt Stephen zum Abschied und tritt in die Pedale. Langsam verschwindet die Silhouette des Radlers hinter den herbstlichen Regenschleiern, nach Norden, sonnigeren Gefilden entgegen.
Felix Mescoli
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Allgemeine Zeitung
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