Zu Gast bei der Geparden-Lady
Es ist heiß, die Sonne brennt gleißend vom stechend blauen Himmel auf den namibischen Busch herab. Es ist früher Nachmittag, Fütterungszeit. Hinter dem Maschendrahtzaun "tigert" ein halbes dutzend Geparde auf und ab. Die getupften schwarz-gelben Großatzen geben schurrende Laute von sich, fast wie Hauskatzen. Eine Freiwillige des Cheetah Conservation Funds (CCF), die Umweltschutzorganisation widmet sich dem Erhalt der stark bedrohten Tiere, in Khakishorts und grünem Hemd öffnet den vom großen Gehege abgetrennten Verschlag, in dem sich das Futter befindet. Die schlanken geschmeidigen Raukatzen stürzen sich rabiat auf die mit Fleisch gefüllten blechernen Waschschüsseln. Staub stiebt, Zähne fletschen, Knochen knirschen, Metall klappert.
Die vor dem Zaun aufgereihten Touristen weichen ein wenig zurück, halten Videokameras und Photoapparate schützend vor sich. Verfüttert wird Fleisch am Knochen, erklärt die blonde Betreuerin auf Englisch das Schmatzen und Maunzen der gierig schlingenden Raubkatzen übertönend, um das Fresstempo der schnellen Säuger zu zügeln. "Sie fressen sonst so viel und schnell sie können."
Geparde sind Rennmaschinen, zum Sprinten designt: Langbeinig, drahtig. Männchen wiegen 60 -70 Kilo, Weibchen höchstens 40. Die Leichtbauweise ermöglicht ihnen zwar hohe Laufgeschwindigkeiten, macht sie anderen großen Raubtieren aber körperlich unterlegen, so dass sie ihre Beute oft an Leoparden oder Hyänen verlieren. Zum Sattessen bleibt da wenig Zeit.
In Gefangenschaft dagegen ist die Völlerei mangels Bewegung schlecht. Zwei Kilo Fleisch gibt es pro Schnauze sechsmal die Woche. Am Sonntag wird gefastet, wie im Kloster. "Olso isch bin beim Büffee imme de Ledsde, ober do wird och nich so spoasam uffgedischt", verkündet einer der Zaungäste mitleidig sächselnd. Gefüttert werden die 50 getupften Großkatzen, die der CCF derzeit beherbergt, hauptsächlich mit Eselsfleisch, fährt die Tierpflegerin ungerührt fort. Die zu vertilgenden Tiere stammen von umliegenden Farmen und werden im eigenen Schlachthaus ihrer Bestimmung zugeführt.
Während der rund 40 Kilometer weiten Anfahrt durch den Busch über staubige Schotterpisten von Otjiwarongo, der Hauptstadt der Region Otjozondjupa, im Norden des südwestafrikanischen Landes, zum weitläufigen Gelände des CCF-Hauptquartiers, kann der Katzen-Freund die possierlichen großohrigen Einhufer auf den Weiden herumtollen sehen - noch nicht um ihr Schicksal wissend.
Gesättigt streckt eins der Geparden-Männchen seinen stromlinienförmigen Leib, reckt die schlacksigen Läufe, die es zum schnellsten Landsäugetier machen, und fährt sich mit der Zunge über das blutverschmierte Maul. Von den Mundwinkeln laufen zwei schwarze Streifen zu den goldfarbenen Augen, mit denen Geparde ihre Beute in der Savanne auf große Entfernungen ausmachen können "Ei gugge mol, wenn's sich streckt, sieht de Kopp noch viel kleiner aus", stellt eine Touristin aus dem fernen Hessen fest. In der Tat hat der Gepard im Vergleich zum Körper einen sehr kleinen Schädel.
Die Fütterung ist beendet, nächster Programmpunkt: Lauftraining. "Also ich hab sie kaum verstanden, die Amerikanerin", mosert eine andere Besucherin auf dem Weg in das nahgelegene große Freigehege, in dem bereits drei weitere Freiwillige an einer technischen Vorrichtung nesteln, die, ähnlich wie beim Windhundrennen, durch einen geschleppten Dummy den Hetztrieb der Geparde anregt. "Kommt bestimmt aus Texas, so wie die nuschelt."
Da fegt schon der erste Gepard an der Gruppe vorbei, ein an einem Drahtseil entlang schnellendes nach Beute riechendes Läppchen jagend. Die Kameras klicken eifrig, doch meist brennt sich nur ein diffuser gelbschwarzer Nebel oder die Spitze eines gut einen Meter langen buschigen Gepardenschwanzes, der im vollen Lauf als Steuerruder dient, auf die Speicherkarten. Im Sprint erreicht die Raketen-Katze bis 110 Stundenkilometer und kann damit jedes Opfer einholen. Ihre Beute erstickt sie mit einem Biss in die Gurgel.
Die Pfoten, wie beim Hund mit nicht einziehbaren Krallen, trommeln auf den mit kurzem Gras bewachsenen Untergrund. Schon zwei Sekunden nach dem Start erreicht der getupfte Sprinter 60 Sachen. Ein Löwe etwa ist mit Mühe halb so schnell.
Das Publikum: begeistert! Etwa 6000 Besucher aus aller Welt besuchten alljährlich die ehemalige Farm, Laurie Marker, Geschäftsführerin und Mitbegründerin der 1990 ins Leben gerufenen Organisation. Die Wirtschaftsgebäude beherbergen heute ein Gen-Labor, eine Tierarztpraxis, eine Bibliothek, Schauräume und Unterkünfte für freiwillige Helfer.
40 Prozent der Mittel stammen aus dem Tourismus, der Rest sind Spenden. Zu sehen bekommen die Gäste laut Marker aber nur solche Tiere, die nicht ausgewildert werden können. "Waisen, die von der Mutter das Jagen nicht gelernt haben, können in der Wildnis nicht überleben", erklärt Marker. Die anderen sollen sich möglichst nicht zu sehr an Menschen gewöhnen.
Zu den genannten Besucherzahlen kommen noch einmal etwa 2000 einheimische Schulkinder. Aufklärung ist ein wichtiger Baustein im Engagement des CCF. "Die Viehhalter sehen die Geparden als Gefahr für ihre Herden", sagt Marker. Mit Peilsendern, die sie freilaufenden Tieren anlegen, um ihre Beutezüge nachzuvollziehen, versuchen die CCF-Forscher den Farmern derzeit das Gegenteil zu beweisen.
Oft verwechselten die Landwirte die schnellen Jäger auch mit dem größeren Leopard und schössen ihn ab, erzählt Marker. Im Visier hat die Geparden-Frau mit der graumelierten Löwenmähne dabei weniger die kommerziellen Großfarmer als die kommunalen Kleinbauern, die oft nur wenige Tiere besitzen. Um so schwerer wiegt der Verlust eines Rindes.
Um die auf 7 500 bis 12 500 Tiere geschätzte Gepard-Population - ein viertel davon lebt in Namibia - zu erhalten, ist der aus Oregon in den USA stammenden Powerfrau kein Weg zu weit. Aus dem türkischen Anatolien hat sie den Kangal eingeführt. Der gewaltige anatolische Hirtenhund soll das Zusammenleben zwischen Farmern und Wildkatzen erleichtern. An ihm kommt kein Räuber vorbei. Anders als andere Hirtenhunde stelle er das Raubwild, statt zu versuchen, seine Herde aus der Gefahrenzone zu treiben, erklärt Marker.
Fast 400 Kangal-Welpen hat der CCF bereits an kommunale Farmer abgegeben. Die Nachfrage ist unvermindert groß, wer unten auf der Liste steht, muss drei Jahre warten. Im Zwinger, den sie von Geburt an zur Gewöhnung mit einer Ziegenherde teilen, wuseln dutzend graubraune japsende Junghunde durcheinander. Begierig saugen sie an Markers beringten Fingern. Kaum zu glauben, dass diese kleinen Hunde die größte Hoffnung für Afrikas meistgefährdete Katze sein sollen.
Doch Marker hat noch weitere Projekte im Sinn. Durch die Produktion von Heizpellets will sie die Verbuschung der Savanne, die den natürlichen Lebensraum der Geparden verändert, aufhalten. Oder den Farmern die Produktion von Ziegenkäse nahebringen, um ihnen neue Einkommensquellen zu erschließen. "Ich will die Welt verändern, damit der Gepard überlebt", sagt Marker. "Auch wenn das verdammt harte Arbeit ist."
Felix Mescoli
Die vor dem Zaun aufgereihten Touristen weichen ein wenig zurück, halten Videokameras und Photoapparate schützend vor sich. Verfüttert wird Fleisch am Knochen, erklärt die blonde Betreuerin auf Englisch das Schmatzen und Maunzen der gierig schlingenden Raubkatzen übertönend, um das Fresstempo der schnellen Säuger zu zügeln. "Sie fressen sonst so viel und schnell sie können."
Geparde sind Rennmaschinen, zum Sprinten designt: Langbeinig, drahtig. Männchen wiegen 60 -70 Kilo, Weibchen höchstens 40. Die Leichtbauweise ermöglicht ihnen zwar hohe Laufgeschwindigkeiten, macht sie anderen großen Raubtieren aber körperlich unterlegen, so dass sie ihre Beute oft an Leoparden oder Hyänen verlieren. Zum Sattessen bleibt da wenig Zeit.
In Gefangenschaft dagegen ist die Völlerei mangels Bewegung schlecht. Zwei Kilo Fleisch gibt es pro Schnauze sechsmal die Woche. Am Sonntag wird gefastet, wie im Kloster. "Olso isch bin beim Büffee imme de Ledsde, ober do wird och nich so spoasam uffgedischt", verkündet einer der Zaungäste mitleidig sächselnd. Gefüttert werden die 50 getupften Großkatzen, die der CCF derzeit beherbergt, hauptsächlich mit Eselsfleisch, fährt die Tierpflegerin ungerührt fort. Die zu vertilgenden Tiere stammen von umliegenden Farmen und werden im eigenen Schlachthaus ihrer Bestimmung zugeführt.
Während der rund 40 Kilometer weiten Anfahrt durch den Busch über staubige Schotterpisten von Otjiwarongo, der Hauptstadt der Region Otjozondjupa, im Norden des südwestafrikanischen Landes, zum weitläufigen Gelände des CCF-Hauptquartiers, kann der Katzen-Freund die possierlichen großohrigen Einhufer auf den Weiden herumtollen sehen - noch nicht um ihr Schicksal wissend.
Gesättigt streckt eins der Geparden-Männchen seinen stromlinienförmigen Leib, reckt die schlacksigen Läufe, die es zum schnellsten Landsäugetier machen, und fährt sich mit der Zunge über das blutverschmierte Maul. Von den Mundwinkeln laufen zwei schwarze Streifen zu den goldfarbenen Augen, mit denen Geparde ihre Beute in der Savanne auf große Entfernungen ausmachen können "Ei gugge mol, wenn's sich streckt, sieht de Kopp noch viel kleiner aus", stellt eine Touristin aus dem fernen Hessen fest. In der Tat hat der Gepard im Vergleich zum Körper einen sehr kleinen Schädel.
Die Fütterung ist beendet, nächster Programmpunkt: Lauftraining. "Also ich hab sie kaum verstanden, die Amerikanerin", mosert eine andere Besucherin auf dem Weg in das nahgelegene große Freigehege, in dem bereits drei weitere Freiwillige an einer technischen Vorrichtung nesteln, die, ähnlich wie beim Windhundrennen, durch einen geschleppten Dummy den Hetztrieb der Geparde anregt. "Kommt bestimmt aus Texas, so wie die nuschelt."
Da fegt schon der erste Gepard an der Gruppe vorbei, ein an einem Drahtseil entlang schnellendes nach Beute riechendes Läppchen jagend. Die Kameras klicken eifrig, doch meist brennt sich nur ein diffuser gelbschwarzer Nebel oder die Spitze eines gut einen Meter langen buschigen Gepardenschwanzes, der im vollen Lauf als Steuerruder dient, auf die Speicherkarten. Im Sprint erreicht die Raketen-Katze bis 110 Stundenkilometer und kann damit jedes Opfer einholen. Ihre Beute erstickt sie mit einem Biss in die Gurgel.
Die Pfoten, wie beim Hund mit nicht einziehbaren Krallen, trommeln auf den mit kurzem Gras bewachsenen Untergrund. Schon zwei Sekunden nach dem Start erreicht der getupfte Sprinter 60 Sachen. Ein Löwe etwa ist mit Mühe halb so schnell.
Das Publikum: begeistert! Etwa 6000 Besucher aus aller Welt besuchten alljährlich die ehemalige Farm, Laurie Marker, Geschäftsführerin und Mitbegründerin der 1990 ins Leben gerufenen Organisation. Die Wirtschaftsgebäude beherbergen heute ein Gen-Labor, eine Tierarztpraxis, eine Bibliothek, Schauräume und Unterkünfte für freiwillige Helfer.
40 Prozent der Mittel stammen aus dem Tourismus, der Rest sind Spenden. Zu sehen bekommen die Gäste laut Marker aber nur solche Tiere, die nicht ausgewildert werden können. "Waisen, die von der Mutter das Jagen nicht gelernt haben, können in der Wildnis nicht überleben", erklärt Marker. Die anderen sollen sich möglichst nicht zu sehr an Menschen gewöhnen.
Zu den genannten Besucherzahlen kommen noch einmal etwa 2000 einheimische Schulkinder. Aufklärung ist ein wichtiger Baustein im Engagement des CCF. "Die Viehhalter sehen die Geparden als Gefahr für ihre Herden", sagt Marker. Mit Peilsendern, die sie freilaufenden Tieren anlegen, um ihre Beutezüge nachzuvollziehen, versuchen die CCF-Forscher den Farmern derzeit das Gegenteil zu beweisen.
Oft verwechselten die Landwirte die schnellen Jäger auch mit dem größeren Leopard und schössen ihn ab, erzählt Marker. Im Visier hat die Geparden-Frau mit der graumelierten Löwenmähne dabei weniger die kommerziellen Großfarmer als die kommunalen Kleinbauern, die oft nur wenige Tiere besitzen. Um so schwerer wiegt der Verlust eines Rindes.
Um die auf 7 500 bis 12 500 Tiere geschätzte Gepard-Population - ein viertel davon lebt in Namibia - zu erhalten, ist der aus Oregon in den USA stammenden Powerfrau kein Weg zu weit. Aus dem türkischen Anatolien hat sie den Kangal eingeführt. Der gewaltige anatolische Hirtenhund soll das Zusammenleben zwischen Farmern und Wildkatzen erleichtern. An ihm kommt kein Räuber vorbei. Anders als andere Hirtenhunde stelle er das Raubwild, statt zu versuchen, seine Herde aus der Gefahrenzone zu treiben, erklärt Marker.
Fast 400 Kangal-Welpen hat der CCF bereits an kommunale Farmer abgegeben. Die Nachfrage ist unvermindert groß, wer unten auf der Liste steht, muss drei Jahre warten. Im Zwinger, den sie von Geburt an zur Gewöhnung mit einer Ziegenherde teilen, wuseln dutzend graubraune japsende Junghunde durcheinander. Begierig saugen sie an Markers beringten Fingern. Kaum zu glauben, dass diese kleinen Hunde die größte Hoffnung für Afrikas meistgefährdete Katze sein sollen.
Doch Marker hat noch weitere Projekte im Sinn. Durch die Produktion von Heizpellets will sie die Verbuschung der Savanne, die den natürlichen Lebensraum der Geparden verändert, aufhalten. Oder den Farmern die Produktion von Ziegenkäse nahebringen, um ihnen neue Einkommensquellen zu erschließen. "Ich will die Welt verändern, damit der Gepard überlebt", sagt Marker. "Auch wenn das verdammt harte Arbeit ist."
Felix Mescoli
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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