Zum Auftakt der Swakopmunder Musikwoche ein Gespräch mit Leiter Jürgen Schwietering
Seit Mittwoch steht Swakopmund wieder ganz im Zeichen der Musikwoche. 200 Teilnehmer gibt es in diesem Jahr, die von 18 Dozenten betreut werden. Irmgard Schreiber hat mit dem diesjährigen Leiter, Jürgen Schwietering, über den Auftakt des Musikspektakels an der Küste gesprochen.
WAZ on: Herr Schwietering, Sie haben den ersten Probentag der diesjährigen Swakopmunder Musikwoche hinter sich. Was ist Ihr erster Eindruck?
Schwietering: Ich bin sehr aufgeregt und freue mich schon richtig auf die Konzerte. Ich glaube, das Niveau ist dieses Mal höher als in den vorangehenden Musikwochen, bei denen ich mitgewirkt habe. Wir werden ein paar sehr, sehr schöne Konzerte auf die Beine stellen.
WAZ on: Sie wurden von den Veranstaltern der Musikwoche als "altbekanntes Gesicht" vorgestellt. Wie oft waren Sie bereits als musikalischer Leiter dabei? Was sah Ihre bisherige Laufbahn als Musiker aus?
Schwietering: Ich war 1994, 1995 und 1998 als Leiter der Musikwoche hier. Meine Familie kommt aus Swakopmund. Meine Großeltern waren beide Ärzte hier. Das Schwietering-Haus in Swakopmund war mal die Praxis von meinem Großvater. Ich bin in Grahamstown geboren, aber in Stellenbosch aufgewachsen. Sofort nach dem Matrik - am 25. November habe ich Examen geschrieben und am 26. saß ich im Flieger nach Österreich - habe ich für zwei Jahre Musik in Wien studiert. Danach habe ich ein kurzes Studium in Sienna, Italien, angeschlossen und dann für neun Jahre in New York studiert. Ich war dort freiberuflicher Musiker, hatte auch ein professionelles Trio. Es ging mir in New York eigentlich sehr gut, aber dann kam mein erstes Kind auf die Welt. Da wollte ich eine feste Anstellung, und die SABC (South African Broadcasting Corporation) hatte mir gerade in Johannesburg eine Stelle als Konzertmeister angeboten. Danach gings nach Durban für ein paar Jahre. Seit 14 Jahren bin ich jetzt in Kapstadt Professor an der University of Cape Town. Ich war gleichzeitig auch Konzertmeister vom Cape Town Symphony Orchestra, aber das wurde mir irgendwann zu viel. Ich hatte keine Zeit mehr für meine Solokarriere und für meine Kammermusik-Verpflichtungen. Ich habe ja auch viel mit Streichquartett und Klaviertrio gespielt. Jetzt mache ich nur noch hier und da ein bisschen Orchester. Ein Mal pro Monat bin ich Gastkonzertmeister in Port Elizabeth und leite dort das Eastcoast Philharmonic Orchestra.
WAZ on: Welche Instrumente spielen Sie?
Schwietering: Geige und Bratsche. Inzwischen habe ich auch wieder ein paar Klavierschüler, obwohl ich selbst schlecht Klavier spiele. Beim Dirigieren ist das sehr wichtig, dass man auch Klavier spielen kann. Besonders wenn man ein Stück noch nie gehört hat - so wie bei dem Stück, das ein Freund in Kapstadt speziell für die Musikwoche geschrieben hat. Man hat die ganze große Partitur vor sich mit 20 bis 30 verschiedenen Instrumenten. Wenn man das einem Orchester beibringen will, dann muss man wissen, wie das klingen soll. Und wenn man auf dem Klavier die Harmonien spielen kann, weiß man, ob im Orchester auch alle das Richtige machen.
WAZ on: Im vergangenen Jahr gab es ein wenig Kontroverse hier bei der Musikwoche. Der damalige Leiter Hans Jochen Stiefel hatte aus Karlsruhe einen Teil seines Jugendorchesters mitgebracht. Alle waren sich einig, dass diese Musikschüler den Standard enorm gehoben haben, aber einige Teilnehmer fühlten sich anfangs ausgeschlossen, weil sie nicht mehr mithalten konnten. Wie sehen Sie das für dieses Jahr? Wie ist Ihr Ansatz?
Schwietering: Ich finde, dass das Niveau in diesem Jahr am höchsten ist, wenn ich das mit den drei anderen Malen vergleiche, wo ich die Musikwoche geleitet habe. Vielleicht haben die Karlsruher mit ihrer Erfahrung den Teilnehmern hier ein bisschen neuen Auftrieb gegeben. Aber ich finde, die Musikwoche sollte etwas Namibianisches bleiben, nicht etwas Importiertes sein. Ich frage mich, ob sowas auf die Dauer für die Swakopmunder gutgehen kann. Mir wärs lieber, wenn wir zwar Gäste von Übersee haben, aber die Musikwoche hauptsächlich mit Leuten von hier bestücken.
WAZ on: Also lieber die Latte nicht zu hoch stecken, dafür aber alle integrieren?
Schwietering: Das hat alles Vor- und Nachteile.
Es sollte keiner auf der Strecke bleiben müssen. Wir haben neun Tage Zeit zum Proben. Die, die es wirklich können, müssen in dieser Zeit mehr oder weniger perfekt werden. Und diejenigen, die nicht ganz mithalten können, müssen lernen, dass man in einem Orchester sitzen kann, aber ruhig auch mal etwas auslassen darf. Das zu beurteilen, liegt in der Verantwortung der Dozenten. Man kann alles mitmachen, aber man muss wissen, wann man aufhören muss zu spielen, wann man leise bleiben sollte und wann man laut spielen darf. Bei vier schnellen Noten kann man die erste und letzte spielen und die in der Mitte auslassen. Auf Englisch nennt man das "professional faking". Das machen leider auch viele Berufsmusiker - oder vielleicht sollte man sagen: Gott sei Dank. Das ist auch eine gewisse Kunst. Hier haben alle genug Talent und Verständnis, um das innerhalb von neun Tagen zu lernen.
WAZ on: Was steht auf dem Programm für die Konzerte der Musikwoche?
Schwietering: Oh, vieles! Die Rosamunde-Overtüre von Schubert für großes Orchester. Dann eine Streichergruppe, etwas aus der Peer Gynt-Suite von Eduard Grieg. Auch von Grieg: "In the Hall of the Mountain King" für großes Orchester. Dann machen wir noch dieses Stück, das ich eben erwähnt habe, für Orchester. Das ist aus dem Weihnachtsoratorium von Bach. Ein Kollege aus Kapstadt hat es speziell für die Musikwoche geschrieben, für Chor und Orchester. Aus dem Opernrepertoire machen wir den Schlusschor aus dem ersten Akt von La Traviata: Brindisi oder Trinklied, das machen wir mit großem Schwung! Außerdem: den Gefangenenchor von Nabucco. Und noch ein paar andere Kleinigkeiten, aber ich will nicht alles verraten.
WAZ on: Was sehen Sie als Ihre Herausforderung bei der Musikwoche?
Schwietering: Dass jeder wirklich Spaß und Freude hat an der Musik. Und sich keiner schlecht fühlt, weil er oder sie nicht genau das Niveau hat, das verlangt wird. Dass die Teilnehmer lernen, wie man mitkommt, ohne unangenehm aufzufallen.
WAZ on: Danke für das Gespräch und viel Erfolg.
Die Konzerte
- Sa 13.12., 20.00 Uhr: Dozentenkonzert in der NPS-Aula
- So 14.12., 16.30 Uhr: Promenadenkonzert an der Mole
- Di 16.12., 18.00 Uhr: Musiktheater mit dem Vororchester in der NPS-Aula
- Mi 17.12. & Do 18.12., 20.00 Uhr: Abschlusskonzerte in der NPS-Aula
WAZ on: Herr Schwietering, Sie haben den ersten Probentag der diesjährigen Swakopmunder Musikwoche hinter sich. Was ist Ihr erster Eindruck?
Schwietering: Ich bin sehr aufgeregt und freue mich schon richtig auf die Konzerte. Ich glaube, das Niveau ist dieses Mal höher als in den vorangehenden Musikwochen, bei denen ich mitgewirkt habe. Wir werden ein paar sehr, sehr schöne Konzerte auf die Beine stellen.
WAZ on: Sie wurden von den Veranstaltern der Musikwoche als "altbekanntes Gesicht" vorgestellt. Wie oft waren Sie bereits als musikalischer Leiter dabei? Was sah Ihre bisherige Laufbahn als Musiker aus?
Schwietering: Ich war 1994, 1995 und 1998 als Leiter der Musikwoche hier. Meine Familie kommt aus Swakopmund. Meine Großeltern waren beide Ärzte hier. Das Schwietering-Haus in Swakopmund war mal die Praxis von meinem Großvater. Ich bin in Grahamstown geboren, aber in Stellenbosch aufgewachsen. Sofort nach dem Matrik - am 25. November habe ich Examen geschrieben und am 26. saß ich im Flieger nach Österreich - habe ich für zwei Jahre Musik in Wien studiert. Danach habe ich ein kurzes Studium in Sienna, Italien, angeschlossen und dann für neun Jahre in New York studiert. Ich war dort freiberuflicher Musiker, hatte auch ein professionelles Trio. Es ging mir in New York eigentlich sehr gut, aber dann kam mein erstes Kind auf die Welt. Da wollte ich eine feste Anstellung, und die SABC (South African Broadcasting Corporation) hatte mir gerade in Johannesburg eine Stelle als Konzertmeister angeboten. Danach gings nach Durban für ein paar Jahre. Seit 14 Jahren bin ich jetzt in Kapstadt Professor an der University of Cape Town. Ich war gleichzeitig auch Konzertmeister vom Cape Town Symphony Orchestra, aber das wurde mir irgendwann zu viel. Ich hatte keine Zeit mehr für meine Solokarriere und für meine Kammermusik-Verpflichtungen. Ich habe ja auch viel mit Streichquartett und Klaviertrio gespielt. Jetzt mache ich nur noch hier und da ein bisschen Orchester. Ein Mal pro Monat bin ich Gastkonzertmeister in Port Elizabeth und leite dort das Eastcoast Philharmonic Orchestra.
WAZ on: Welche Instrumente spielen Sie?
Schwietering: Geige und Bratsche. Inzwischen habe ich auch wieder ein paar Klavierschüler, obwohl ich selbst schlecht Klavier spiele. Beim Dirigieren ist das sehr wichtig, dass man auch Klavier spielen kann. Besonders wenn man ein Stück noch nie gehört hat - so wie bei dem Stück, das ein Freund in Kapstadt speziell für die Musikwoche geschrieben hat. Man hat die ganze große Partitur vor sich mit 20 bis 30 verschiedenen Instrumenten. Wenn man das einem Orchester beibringen will, dann muss man wissen, wie das klingen soll. Und wenn man auf dem Klavier die Harmonien spielen kann, weiß man, ob im Orchester auch alle das Richtige machen.
WAZ on: Im vergangenen Jahr gab es ein wenig Kontroverse hier bei der Musikwoche. Der damalige Leiter Hans Jochen Stiefel hatte aus Karlsruhe einen Teil seines Jugendorchesters mitgebracht. Alle waren sich einig, dass diese Musikschüler den Standard enorm gehoben haben, aber einige Teilnehmer fühlten sich anfangs ausgeschlossen, weil sie nicht mehr mithalten konnten. Wie sehen Sie das für dieses Jahr? Wie ist Ihr Ansatz?
Schwietering: Ich finde, dass das Niveau in diesem Jahr am höchsten ist, wenn ich das mit den drei anderen Malen vergleiche, wo ich die Musikwoche geleitet habe. Vielleicht haben die Karlsruher mit ihrer Erfahrung den Teilnehmern hier ein bisschen neuen Auftrieb gegeben. Aber ich finde, die Musikwoche sollte etwas Namibianisches bleiben, nicht etwas Importiertes sein. Ich frage mich, ob sowas auf die Dauer für die Swakopmunder gutgehen kann. Mir wärs lieber, wenn wir zwar Gäste von Übersee haben, aber die Musikwoche hauptsächlich mit Leuten von hier bestücken.
WAZ on: Also lieber die Latte nicht zu hoch stecken, dafür aber alle integrieren?
Schwietering: Das hat alles Vor- und Nachteile.
Es sollte keiner auf der Strecke bleiben müssen. Wir haben neun Tage Zeit zum Proben. Die, die es wirklich können, müssen in dieser Zeit mehr oder weniger perfekt werden. Und diejenigen, die nicht ganz mithalten können, müssen lernen, dass man in einem Orchester sitzen kann, aber ruhig auch mal etwas auslassen darf. Das zu beurteilen, liegt in der Verantwortung der Dozenten. Man kann alles mitmachen, aber man muss wissen, wann man aufhören muss zu spielen, wann man leise bleiben sollte und wann man laut spielen darf. Bei vier schnellen Noten kann man die erste und letzte spielen und die in der Mitte auslassen. Auf Englisch nennt man das "professional faking". Das machen leider auch viele Berufsmusiker - oder vielleicht sollte man sagen: Gott sei Dank. Das ist auch eine gewisse Kunst. Hier haben alle genug Talent und Verständnis, um das innerhalb von neun Tagen zu lernen.
WAZ on: Was steht auf dem Programm für die Konzerte der Musikwoche?
Schwietering: Oh, vieles! Die Rosamunde-Overtüre von Schubert für großes Orchester. Dann eine Streichergruppe, etwas aus der Peer Gynt-Suite von Eduard Grieg. Auch von Grieg: "In the Hall of the Mountain King" für großes Orchester. Dann machen wir noch dieses Stück, das ich eben erwähnt habe, für Orchester. Das ist aus dem Weihnachtsoratorium von Bach. Ein Kollege aus Kapstadt hat es speziell für die Musikwoche geschrieben, für Chor und Orchester. Aus dem Opernrepertoire machen wir den Schlusschor aus dem ersten Akt von La Traviata: Brindisi oder Trinklied, das machen wir mit großem Schwung! Außerdem: den Gefangenenchor von Nabucco. Und noch ein paar andere Kleinigkeiten, aber ich will nicht alles verraten.
WAZ on: Was sehen Sie als Ihre Herausforderung bei der Musikwoche?
Schwietering: Dass jeder wirklich Spaß und Freude hat an der Musik. Und sich keiner schlecht fühlt, weil er oder sie nicht genau das Niveau hat, das verlangt wird. Dass die Teilnehmer lernen, wie man mitkommt, ohne unangenehm aufzufallen.
WAZ on: Danke für das Gespräch und viel Erfolg.
Die Konzerte
- Sa 13.12., 20.00 Uhr: Dozentenkonzert in der NPS-Aula
- So 14.12., 16.30 Uhr: Promenadenkonzert an der Mole
- Di 16.12., 18.00 Uhr: Musiktheater mit dem Vororchester in der NPS-Aula
- Mi 17.12. & Do 18.12., 20.00 Uhr: Abschlusskonzerte in der NPS-Aula
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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