Zweikampf in der Wüste
Als Walter Rogner auf dem Einwohnermeldeamt einen neuen Pass beantragen will, erlebt er eine Überraschung. Er sei vor 17 Jahren nach Namibia ausgewandert, behauptet das Amt. Rogner, der als Übersetzer zurückgezogen in Rosenheim lebt, packt seine Koffer und setzt sich in den Flieger nach Afrika - wo er tatsächlich einen zweiten Walter Rogner, Farmer im Khomas Hochland, aufspürt. Sie sehen sich ein wenig ähnlich, diese beiden Männer, aber sie könnten unterschiedlicher kaum sein: der eine "hemdsärmelig" und anpackend, der andere mag Abenteuer nur, "solange sie sich schwarz auf weiß zwischen Buchdeckeln abspielen". Aber beide sind sie in Augsburg gebürtig und haben eine identische Kindheit und Jugend. Wer von ihnen ist der wirkliche Walter Rogner?
Jaumann lässt die beiden Doppelgänger im Wechsel zu Wort kommen, erzählt, wie jeder dem anderen auf die Schliche kommt, wie beide nach und nach entdecken, dass das Gegenüber dem "echten" Walter Rogner die Identität gestohlen hat. Die Spannung kulminiert in einem Zweikampf in der Wüste, dessen Ausgang genauso zwingend wie verwirrend ist. Jaumann kreiert mit "Geiers Mahlzeit" ein surreal anmutendes Szenario, das sich letztendlich um die Frage nach dem Ich dreht, nach dem Konzept von Identität. "Für mich steht zum Beispiel fest, dass man viel zu leichtfertig mit dem Begriff `Ich` umgeht", sinniert Walter Rogner einmal: "So, als ob er ein Gut bezeichnete, das man mit der Geburt überreicht bekam und sein ganzes Leben lang behalten würde. Nichts falscher als das."
Schon in "Schnee an der Blutkuppe" trieb Bernhard Jaumann ein ähnliches Verwirrspiel um Schein und Sein. In der mit dem Glauser-Preis ausgezeichneten Geschichte erzählt der Autor von einem Mann, der sich an Weihnachten in die Einsamkeit der Wüstenlandschaft an der Blutkuppe zurückzieht. Dort begegnet er den Geistern seiner Vergangenheit - und einem schwarzen Mann namens Heiseb, von dem selbst am Ende nicht eindeutig feststeht, ob er real oder ein Hirngespinst ist.
Jaumann scheint das Spiel mit der Identität und mit den verschiedenen Versionen der Wirklichkeit zu lieben. So gibt es auf seiner Homepage auch zwei Varianten der eigenen Biografie. Die eine berichtet faktisch von seiner Gymnasiallehrer-Laufbahn und dem anschließenden Erfolg einer Krimiserie, die in Italien spielt; die andere erzählt "die volle Wahrheit", derzufolge die Lehramtsausbildung aus der Idee geboren wird, "selbst mal als Lehrer immer Recht haben zu dürfen" und "latente Aggressionen nun streng nach Vorschrift (`Sechser und Verweis!')" an Schulkindern ausleben zu können. Dieser humoristischen Variante zufolge bricht Bernhard Jaumann seine Lehrerkarriere aus "Mitleid mit den Unterdrückten dieser Erde, allen voran sich selbst" ab und entscheidet sich zu einer "beruflichen Umorientierung zu sinnenfroherer Hochstapelei" - dem Schreiben. Seine Umsiedlung nach Namibia ist demnach reine Sicherheitsvorkehrung, da der Autor aus seinem anderen Zuhause, einem unscheinbaren Dorf bei Montesecco in den italienischen Marken, durch seine Krimiserie eine "Hochburg zeitgenössischen Verbrechens" machte. Natürlich kann Windhoek da nicht lange sicher bleiben - angeblich ersinnt Jaumann hier ständig weitere Verbrechen. Man darf sich auf das nächste freuen, das Namibia hoffentlich in Romanform heimsucht!
Veröffentlichungen von Bernhard Jaumann
Von Bernhard Jaumann liegen zwei Kurzkrimis vor, die in Namibia spielen: "Geiers Mahlzeit", erschienen in der Krimireihe "Kaliber .64" bei Edition Nautilus (Hamburg 2008, ISBN 978-3-89401-567-1) und "Schnee an der Blutkuppe", veröffentlicht in dem Sammelband "Zum Sterben schön - Die spannendsten Weihnachtskrimits", herausgegeben von Petra Hammersfahr (Rowohlt Verlag, Hamburg 2007, ISBN 978-3-8052-0847-5).
Bekannt wurde der Autor aber vor allem durch seine Krimiserie, die sich mit den fünf Sinnen befasst: "Hörsturz" (1998), "Sehschlachten" (1999), "Duftfallen" (2001), "Handstreich" (1999) und "Duftfallen" (2001). Sein Roman "Saltimbocca" (2002) wurde mit dem Friedrich-Glauser-Preis 2003 ausgezeichnet, seither erschienen auch noch seine Romane "Die Vipern von Montesecco" (2005) und "Die Drachen von Montesecco" (2007). www.bernhard-jaumann.de
Jaumann lässt die beiden Doppelgänger im Wechsel zu Wort kommen, erzählt, wie jeder dem anderen auf die Schliche kommt, wie beide nach und nach entdecken, dass das Gegenüber dem "echten" Walter Rogner die Identität gestohlen hat. Die Spannung kulminiert in einem Zweikampf in der Wüste, dessen Ausgang genauso zwingend wie verwirrend ist. Jaumann kreiert mit "Geiers Mahlzeit" ein surreal anmutendes Szenario, das sich letztendlich um die Frage nach dem Ich dreht, nach dem Konzept von Identität. "Für mich steht zum Beispiel fest, dass man viel zu leichtfertig mit dem Begriff `Ich` umgeht", sinniert Walter Rogner einmal: "So, als ob er ein Gut bezeichnete, das man mit der Geburt überreicht bekam und sein ganzes Leben lang behalten würde. Nichts falscher als das."
Schon in "Schnee an der Blutkuppe" trieb Bernhard Jaumann ein ähnliches Verwirrspiel um Schein und Sein. In der mit dem Glauser-Preis ausgezeichneten Geschichte erzählt der Autor von einem Mann, der sich an Weihnachten in die Einsamkeit der Wüstenlandschaft an der Blutkuppe zurückzieht. Dort begegnet er den Geistern seiner Vergangenheit - und einem schwarzen Mann namens Heiseb, von dem selbst am Ende nicht eindeutig feststeht, ob er real oder ein Hirngespinst ist.
Jaumann scheint das Spiel mit der Identität und mit den verschiedenen Versionen der Wirklichkeit zu lieben. So gibt es auf seiner Homepage auch zwei Varianten der eigenen Biografie. Die eine berichtet faktisch von seiner Gymnasiallehrer-Laufbahn und dem anschließenden Erfolg einer Krimiserie, die in Italien spielt; die andere erzählt "die volle Wahrheit", derzufolge die Lehramtsausbildung aus der Idee geboren wird, "selbst mal als Lehrer immer Recht haben zu dürfen" und "latente Aggressionen nun streng nach Vorschrift (`Sechser und Verweis!')" an Schulkindern ausleben zu können. Dieser humoristischen Variante zufolge bricht Bernhard Jaumann seine Lehrerkarriere aus "Mitleid mit den Unterdrückten dieser Erde, allen voran sich selbst" ab und entscheidet sich zu einer "beruflichen Umorientierung zu sinnenfroherer Hochstapelei" - dem Schreiben. Seine Umsiedlung nach Namibia ist demnach reine Sicherheitsvorkehrung, da der Autor aus seinem anderen Zuhause, einem unscheinbaren Dorf bei Montesecco in den italienischen Marken, durch seine Krimiserie eine "Hochburg zeitgenössischen Verbrechens" machte. Natürlich kann Windhoek da nicht lange sicher bleiben - angeblich ersinnt Jaumann hier ständig weitere Verbrechen. Man darf sich auf das nächste freuen, das Namibia hoffentlich in Romanform heimsucht!
Veröffentlichungen von Bernhard Jaumann
Von Bernhard Jaumann liegen zwei Kurzkrimis vor, die in Namibia spielen: "Geiers Mahlzeit", erschienen in der Krimireihe "Kaliber .64" bei Edition Nautilus (Hamburg 2008, ISBN 978-3-89401-567-1) und "Schnee an der Blutkuppe", veröffentlicht in dem Sammelband "Zum Sterben schön - Die spannendsten Weihnachtskrimits", herausgegeben von Petra Hammersfahr (Rowohlt Verlag, Hamburg 2007, ISBN 978-3-8052-0847-5).
Bekannt wurde der Autor aber vor allem durch seine Krimiserie, die sich mit den fünf Sinnen befasst: "Hörsturz" (1998), "Sehschlachten" (1999), "Duftfallen" (2001), "Handstreich" (1999) und "Duftfallen" (2001). Sein Roman "Saltimbocca" (2002) wurde mit dem Friedrich-Glauser-Preis 2003 ausgezeichnet, seither erschienen auch noch seine Romane "Die Vipern von Montesecco" (2005) und "Die Drachen von Montesecco" (2007). www.bernhard-jaumann.de
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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