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Zwischen den Kulturen

Katrina Kandjii-Black ist Namibias einzige schwarze Reiseleiterin
WAZon-Redakteur
Wenn Katrina Kandjii-Black ihre Gäste am Flughafen Hosea Kutako abholt, zieht sie alle Blicke auf sich. Sie trägt ein traditionelles Herero-Kleid mit ausgestelltem Rock und der dazugehörigen Kopfbedeckung – meist in den Nationalfarben ihrer Kunden. Sogar ihre Fingernägel hat sie passend dazu lackiert. Sie ist oft der erste Eindruck, den die Besucher von Namibia haben und der muss stimmen. „Sie wissen die Mühe zu schätzen“, sagt sie.

Egal wo Katrina Kandjii-Black mit ihren Reisegruppen auftaucht, sie fällt immer auf. Und das nicht nur wegen ihrer farbenfrohen Tracht. Sie ist die einzige schwarze Frau in Namibia, die als Reiseleiterin arbeitet. Mit ihren Touren deckt sie das ganze Land ab – reist mit ihren Gästen zum Fischfluss-Canyon, in den Etoscha-Nationalpark oder zu den Sanddünen von Sossusvlei. Auch wenn sie selbst diese Orte schon hunderte Male gesehen hat, präsentiert sie sie ihren Gästen jedes Mal mit echter Begeisterung. „Die Touristen erwarten von mir, dass man mir diese Routine nicht anmerkt. Außerdem bin ich stolz auf meine Heimat und zeige sie gerne“, verrät die 40-Jährige. 2013 hat die gebürtige Ovaherero ihr eigenes Reisebüro „Ipaha Travels“ gegründet. Seitdem hat sie viel gelernt über die Wünsche und Eigenheiten ihrer europäischen Gäste. Während deutsche Touristen Wert auf ein ausgiebiges Frühstück legen, reicht Italienern meist ein Stück Brioche und ein Espresso, weiß die Reiseleiterin. Mittags ist es dann umgekehrt. Deutsche hätten nichts dagegen im Bus Mittag zu essen – Italiener wollen um Punkt 12 Uhr in einem Restaurant sitzen. „Gleichzeitig wollen sie aber auch nicht gehen“, erzählt Kandjii-Black und lacht: „Ich sage dann: Andiamo, andiamo!“. Das alles unter einen Hut zu bekommen, gehört zu den Aufgaben einer Reiseleiterin. Katrina Kandjii-Black spricht neben ihrer Muttersprache Otjiherero noch Englisch, Afrikaans, Deutsch und Italienisch. Sie hat in der norditalienischen Stadt Trento und später dem westfälischen Münster studiert, und ihren Abschluss in Fremdsprachen und Tourismus gemacht. In den neun Jahren, die die Namibierin in Europa gelebt hat, hat sie viel über die Mentalität und die Kulturen gelernt und ist letztendlich ihrer eigenen Herkunft nähergekommen.

Während ihrer Zeit in Europa sei sie oft gefragt worden: „Wo kommst du eigentlich her?“. Eine scheinbar harmlose Frage, welche die Studentin doch immer wieder daran erinnert hat, dass ihre Heimat weder in Italien noch in Deutschland liegt. Heute weiß sie nicht nur wo sie herkommt, sondern auch wo sie hingehört. „Meinen Gästen erzähle ich, dass ich mit einem afrikanischen Mann verheiratet bin. Zuhause ist er der Boss.“ Katrina Kandjii-Black will es nicht anders. Sie legt Wert auf eine traditionelle Rollenverteilung. „Wenn ich zuhause bin, ist mein Platz in der Küche und bei den Kindern“, sagt sie. Die Tatsache, dass sie studiert hat und seit sechs Jahren selbstständig arbeitet und Geld verdient, ändert daran nichts. Die eigene Kultur mit ihren Traditionen habe sie in ihrer Studienzeit zu schätzen gelernt. „Ich hatte auch Beziehungen mit deutschen und italienischen Männern. Das funktioniert, wenn man jung ist“, sagt sie, „aber wenn man erwachsen wird, hat man keine Lust mehr sich und seine Kultur andauernd erklären zu müssen.“ Ihrem Mann brauche sie nichts zu erklären, weil sie in einem ähnlichen Umfeld aufgewachsen seien.

Kultur bedeutet für Katrina Kandjii-Black mehr, als nur an alten Traditionen und Rollenbildern festzuhalten. „Nur wenn man sich seiner eigenen Kultur bewusst ist, dann kann man auch die der anderen respektieren.“ Außerdem nimmt sich die Reiseleiterin immer wieder Freiheiten. Um ihren beiden Töchtern eine gute Schulbildung zu ermöglichen, geht sie arbeiten und ist oft mehrere Tage am Stück mit ihren Gästen im Reisebus kreuz und quer durch Namibia unterwegs. In dieser Zeit übernimmt ihr Mann zuhause die Mutterrolle und kümmert sich um Haushalt und Kinder. In dieser Zeit ist Katrina Kandjii-Black die Chefin. „Das sage ich dann auch meinen Gästen“, sagt sie und lacht.

Als Reiseleiterin führt sie nicht nur zu den besonderen Sehenswürdigkeiten und sorgt dafür, dass jeder pünktlich sein Mittagessen bekommt. Sie überbrückt auch die langen Busfahrten von einem Ort zum anderen. Sie sorgt für Unterhaltung – singt und tanzt im Mittelgang des Reisebusses. „Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass eine Gruppe von Menschen, die sich vorher nie getroffen hat so schnell wie möglich zusammenfindet“, sagt sie. Dafür brauche man die richtige Einstellung und viel Erfahrung. Mit kleinen Ritualen hält sie die Reisegruppe zusammen. „Morgens gebe ich allen zur Begrüßung ein Küsschen auf die Wange.“ Das mache sie vom ersten Tag an. „Am Anfang ist das manchmal ein bisschen steif, aber nach ein paar Tagen beschweren sich die Leute, wenn ich es vergesse und fragen mich: ‚Katrina, wo bleibt mein Kuss‘?“.

Ihre Führungen macht Katrina Kandjii-Black auf Deutsch oder Italienisch – je nachdem, aus welchem Land ihre Gäste stammen. „Das ist der Grund, warum ich ausgebucht bin“, sagt sie stolz. Viele Touristen sprechen kein Englisch. „Die meisten sind Rentner. Sie haben die Zeit und das Geld, um sich eine solche Reise leisten zu können.“ Dabei sei es nicht wichtig, ob sie fließend Deutsch spreche. Ihre Kunden wüssten allein die Mühe zu schätzen. Wenn Katrina Kandjii-Black ein Wort fehlt, dann helfen ihre Gäste aus. Es entsteht eine Art Ratespiel und die Stimmung ist wieder ein Stück gelöster. „Mit Englisch könnte ich nur den Kopf der Menschen erreichen – ihre Herzen erreiche ich dagegen in ihrer Muttersprache“, findet Katrina Kandjii-Black.

Ihre Rolle als Reiseleiterin ist es zwischen den Kulturen zu vermitteln und Unterschiede zu überbrücken. Das macht sie nicht nur anhand der Sprache. „Bilder von der Wüste kann man googeln, den Kontakt zu den Menschen hier aber nicht“, erläutert Katrina Kandjii-Black. Hier kommt die Reiseführerin in Spiel. Deutsche und Italiener seien es nicht gewöhnt Fremde auf der Straße anzusprechen. Das übernimmt Katrina Kandjii-Black für ihre Kunden. Sie stellt den Kontakt her und verschafft den Teilnehmern ihrer Touren so einen tieferen Einblick in die namibische Kultur.

Die Erfahrungen, die sie als Reiseleiterin gemacht hat, will Katrina Kandjii-Black in einem Buch festhalten. Es soll eine bunte Mischung werden aus ihrer persönlichen Familiengeschichte, den Anekdoten, die sie auf ihren Touren quer durch Namibia erlebt hat, und Tipps und Ratschläge für andere Reiseleiter. Die Geschichte der quirligen Reiseleiterin in den bunten Kleidern, die für ihre Gäste singt und tanzt, ist so außergewöhnlich, dass sie erzählt werden muss. „Wenn ich es nicht mache, dann macht es jemand anderes“, sagt Katrina Kandjii-Black.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-16

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