Kein sozialer Zusammenhalt in Namibia
Melber: Swapo hat seine Versprechen nach Unabhängigkeit nicht gehalten
Dem bekannten Politikwissenschaftler Henning Melber zufolge war die Spaltung der namibischen Gesellschaft nie größer. Das führt er auch darauf zurück, dass sich die Swapo auf ihrem historischen Erbe zurücklehnt, anstatt ihre Versprechen zu Einheit und Wohlstand zu halten.
Von Katharina Moser, Windhoek
Viele haben in den Debatten um das Genozidabkommen zwischen Namibia und Deutschland einen weiteren Anlass zur Verschärfung der gesellschaftlichen Spaltung in der namibischen Nation gesehen. Der anerkannte Politikwissenschafter Henning Melber hat in seiner jüngsten Arbeit zum sozialen Zusammenhalt in Namibia tatsächlich eine niederschmetternde Bilanz der Nationsbildung durch die Swapo seit der Unabhängigkeit gezogen und der Swapo-Regierung zugeschrieben, ihre Versprechen von Wohlstand und Einheit nicht eingehalten zu haben.
Kein sozialer Zusammenhalt
Im Forschungspapier „One Namibia, One Nation? Social Cohesion under a Liberation Movement as Government in Decline” beschreibt Melber die Regierungsweise der Swapo als „konkurrierenden Autoritarismus“ und beobachtet in Namibia „Symptome sozialer Anomie“: Hohe Suizidraten, Morde „aus Leidenschaft“, das Entsorgen von Babies, Kindesmissbrauch und Vergewaltigungen zeigten eine Brutalität der menschlichen Interaktionen in Namiba, die beweise, dass das soziale Gleichgewicht im Land gestört sei. Dies führt Melber auch auf die Geschichte der Regierungsbildung durch die Swapo zurück. Die politische Praxis zeige eine Neigung zu autoritären Strukturen, die vor der Unabhängigkeit notwendig zur Kriegsführung waren. „Das unabhängige Namibia war vor allem dominiert von den heldenhaften Narrativen einer patriotischen Geschichte, der zufolge die Swapo die Menschen befreite. Daher schulden sie der Swapo ihre bedingungslose Loyalität“, so schreibt Melber. Noch heute lehne sich die Partei an die Logik einer „Guerillabewegung, die organisiert ist durch eine militärische Hierarchie, eine Befehlskette und die Angst vor Infiltration durch Feinde“. Auf der anderen Seite sei von Seiten der Namibier auffällig, wie sehr die Menschen lange Zeit konform mit einer Partei und vor allem auch ihren Wahlkandidaten gingen. Er zitiert eine Afrobarometer-Studie, die daraus schloss, „das politische System biete mehr Demokratie, als das Volk zu verlangen scheint“. Dementsprechend habe sich in Namibia noch keine Teilhabekultur an der Demokratie entwickelt. Die Swapo profitiere im Gegensatz zu einer schwachen Opposition davon, dass sie stets mit einem „wichtigen historischen Erbe“ assoziiert werde.
Swapo-Regierung gescheitert
Melber beobachtet, dass sich heute aber eine Spaltung zwischen den Generationen zu zeigen beginne, da junge Menschen mit Veteranentum nichts mehr anfangen können. Dies zeige sich einerseits in einer Schwächung der Swapo, aber auch in einem grundlegenden politischen Desinteresse. „An einem Moment, wo das Ablaufdatum der meisten Swapo-Aktivisten aus erster Generation näher kommt, ist die heldenhafte Erzählung ein Anachronismus“, so Melber. Die Regierung habe in den letzten Jahren das Vertrauen der Öffentlichkeit verspielt, indem sie ihre Versprechen nicht gehalten habe. Die Vergabe öffentlicher Gelder verstärke ein System der Eliten, anstatt es zu beenden. Derweil werde die Verantwortung weiterhin auf den Schultern der ehemaligen Kolonialmächte abgelegt. Dies bezeichnet Melber als „enorme Diskrepanzen zwischen den Versprechen und den sozio-ökonomischen Realitäten selbst in guten Zeiten“. Die Rede vom „namibischen Haus“ und die Ankündigungen des Harambee-Plans seien nur Rhetorik geblieben. Melber lastet der Swapo gerade angesichts ihrer wachsenden Verluste in den vergangenen Wahlen eine „Selbstgerechtigkeit“ an, die es darauf anlege, allen Swapo-„Untreuen“ Tribalismus und mangelnde Loyalität zu unterstellen. Gerade die Genozid-Debatte habe dies gezeigt, in der, so Melber, die betroffenen Bevölkerungsgruppen nicht ausreichend beteiligt wurden. Die Nama und Herero seien „der Schlüssel zur Lösung“, würden aber ausgeschlossen und marginalisiert. „Der Streit um das Genozidabkommen unterstreicht die Risse im sozialen Zusammenhalt.“ Melber kommt zu der niederschmetternden Schlussfolgerung, dass die namibische Gesellschaft heute weiter von „Einheit in Vielfalt“ entfernt sei, als es je zur Unabhängigkeit war, und sich eine gespaltene Gesellschaft verwandelt habe.
Kein sozialer Zusammenhalt
Im Forschungspapier „One Namibia, One Nation? Social Cohesion under a Liberation Movement as Government in Decline” beschreibt Melber die Regierungsweise der Swapo als „konkurrierenden Autoritarismus“ und beobachtet in Namibia „Symptome sozialer Anomie“: Hohe Suizidraten, Morde „aus Leidenschaft“, das Entsorgen von Babies, Kindesmissbrauch und Vergewaltigungen zeigten eine Brutalität der menschlichen Interaktionen in Namiba, die beweise, dass das soziale Gleichgewicht im Land gestört sei. Dies führt Melber auch auf die Geschichte der Regierungsbildung durch die Swapo zurück. Die politische Praxis zeige eine Neigung zu autoritären Strukturen, die vor der Unabhängigkeit notwendig zur Kriegsführung waren. „Das unabhängige Namibia war vor allem dominiert von den heldenhaften Narrativen einer patriotischen Geschichte, der zufolge die Swapo die Menschen befreite. Daher schulden sie der Swapo ihre bedingungslose Loyalität“, so schreibt Melber. Noch heute lehne sich die Partei an die Logik einer „Guerillabewegung, die organisiert ist durch eine militärische Hierarchie, eine Befehlskette und die Angst vor Infiltration durch Feinde“. Auf der anderen Seite sei von Seiten der Namibier auffällig, wie sehr die Menschen lange Zeit konform mit einer Partei und vor allem auch ihren Wahlkandidaten gingen. Er zitiert eine Afrobarometer-Studie, die daraus schloss, „das politische System biete mehr Demokratie, als das Volk zu verlangen scheint“. Dementsprechend habe sich in Namibia noch keine Teilhabekultur an der Demokratie entwickelt. Die Swapo profitiere im Gegensatz zu einer schwachen Opposition davon, dass sie stets mit einem „wichtigen historischen Erbe“ assoziiert werde.
Swapo-Regierung gescheitert
Melber beobachtet, dass sich heute aber eine Spaltung zwischen den Generationen zu zeigen beginne, da junge Menschen mit Veteranentum nichts mehr anfangen können. Dies zeige sich einerseits in einer Schwächung der Swapo, aber auch in einem grundlegenden politischen Desinteresse. „An einem Moment, wo das Ablaufdatum der meisten Swapo-Aktivisten aus erster Generation näher kommt, ist die heldenhafte Erzählung ein Anachronismus“, so Melber. Die Regierung habe in den letzten Jahren das Vertrauen der Öffentlichkeit verspielt, indem sie ihre Versprechen nicht gehalten habe. Die Vergabe öffentlicher Gelder verstärke ein System der Eliten, anstatt es zu beenden. Derweil werde die Verantwortung weiterhin auf den Schultern der ehemaligen Kolonialmächte abgelegt. Dies bezeichnet Melber als „enorme Diskrepanzen zwischen den Versprechen und den sozio-ökonomischen Realitäten selbst in guten Zeiten“. Die Rede vom „namibischen Haus“ und die Ankündigungen des Harambee-Plans seien nur Rhetorik geblieben. Melber lastet der Swapo gerade angesichts ihrer wachsenden Verluste in den vergangenen Wahlen eine „Selbstgerechtigkeit“ an, die es darauf anlege, allen Swapo-„Untreuen“ Tribalismus und mangelnde Loyalität zu unterstellen. Gerade die Genozid-Debatte habe dies gezeigt, in der, so Melber, die betroffenen Bevölkerungsgruppen nicht ausreichend beteiligt wurden. Die Nama und Herero seien „der Schlüssel zur Lösung“, würden aber ausgeschlossen und marginalisiert. „Der Streit um das Genozidabkommen unterstreicht die Risse im sozialen Zusammenhalt.“ Melber kommt zu der niederschmetternden Schlussfolgerung, dass die namibische Gesellschaft heute weiter von „Einheit in Vielfalt“ entfernt sei, als es je zur Unabhängigkeit war, und sich eine gespaltene Gesellschaft verwandelt habe.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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