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Kolonialgewalt in Afrika

Blick in den Abgrund deutscher Geschichte
Die Grausamkeit deutscher Kolonialherren in Ostafrika vor mehr als 100 Jahren ist kaum noch bekannt. Dabei starben im Maji-Maji-Krieg bis zu 300 000 Menschen. Zu einigen ihrer Nachfahren in Tansania kommt jetzt der Bundespräsident. Was wird er ihnen sagen?
Von Ulrich Steinkohl, dpa Daressalam/Songea
Von Ulrich Steinkohl, dpa

Daressalam/Songea

Es ist eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte und zugleich eines der unbekanntesten. Von 1905 bis 1907 starben im Maji-Maji-Krieg in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika nach tansanischen Schätzungen bis zu 300 000 Menschen. Es war einer der brutalsten Kriege des Kolonialzeitalters überhaupt. In Deutschland ist er weitgehend in Vergessenheit geraten, in Tansania bei den Nachfahren der Opfer nicht. An diesem Mittwoch wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit einigen von ihnen sprechen - als erster politischer Vertreter Deutschlands jemals.

Geschichten der Nachkommen anhören

Steinmeier will sich die Geschichten der Nachkommen jener Menschen anhören, die von den Kolonialtruppen des deutschen Kaiserreichs niedergemetzelt wurden, weil sie sich gegen Unterdrückung, Zwangsarbeit und Ausplünderung zur Wehr setzten. Oder die - und das war die Mehrzahl - verhungerten, weil die Besatzer eine Strategie der verbrannten Erde anwandten, Felder verwüsteten, Getreidespeicher anzündeten und Brunnen zerstörten, um den Aufstand der Afrikaner niederzuschlagen.

Den Grundton für das Treffen gab Steinmeier schon am Dienstag in einer Pressekonferenz mit Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan vor: „Mir ist es wichtig, dass wir dieses dunkle Kapitel aufarbeiten, dass wir es gemeinsam aufarbeiten.“ Deutschland sei auch zur Rückführung von Kulturgütern und menschlichen Überresten bereit.



Bittet Steinmeier um Entschuldigung?

Die Frage ist: Wie weit wird Steinmeier gegenüber den Nachfahren gehen? Wird er sie auch um Entschuldigung für das Unrecht bitten? Oder gar um Vergebung? So wie er dies eigentlich schon längst in Namibia gegenüber den Nachfahren der Herero und Nama machen wollte. Fast zeitgleich mit dem Krieg in Deutsch-Ostafrika wurde auch in Deutsch-Südwestafrika ein Aufstand der unterdrückten Bevölkerung blutig niedergeschlagen. Historiker schätzen, dass dabei 65 000 bis 80 000 Herero und mindestens 10 000 bis 20 000 Nama getötet wurden.

Die Bundesregierung hat diese Gräueltaten inzwischen als Völkermord anerkannt. Ein Aussöhnungsabkommen zwischen Deutschland und Namibia ist unterschriftsreif ausgehandelt. Es sieht auch Hilfen für die Nachfahren in Höhe von 1,1 Milliarden Euro vor. Zum Abschluss soll der Bundespräsident im Parlament von Namibia die Bitte um Vergebung aussprechen. Das scheitert bisher aber am Widerstand einiger Herero- und Nama-Verbände, die mit dem Abkommen unzufrieden sind.



Ein weiter Weg

So weit ist Deutschland mit Tansania noch lange nicht - was vor allem daran liegt, dass sich die tansanische Seite mehr mit der Zukunft des Landes als mit seiner kolonialen Vergangenheit beschäftigen will. Das galt jahrzehntelang umgekehrt auch für Deutschland, wie Steinmeier 2021 bei der Eröffnung des Humboldt Forums in Berlin kritisierte.

„Die Wahrheit ist: Wenn es um die Kolonialzeit geht, haben wir sonst so geschichtsbewussten Deutschen allzu viele Leerstellen! Wir haben blinde Flecken in unserer Erinnerung und unserer Selbstwahrnehmung“, sagte er damals. Vielleicht habe man gar nicht so genau wissen wollen, an welchen fernen Orten „auch Deutsche als Kolonialherren Menschen unterdrückt, ausgebeutet, beraubt und umgebracht haben“.

Nun also reist Steinmeier in den tansanischen Ort Songea, einen der Hauptschauplätze des Maji-Maji-Krieges. 1907 wurde hier Chief Songea Mbano mit mehr als 60 weiteren Anführern von den Kolonialherren hingerichtet. Einer seiner Urenkel lud bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt in Berlin pauschal einen Vertreter des deutschen Staates ein. Jetzt kommt gleich dessen höchster Repräsentant. Der Urenkel ließ auch seine DNA da - in der Hoffnung, der Schädel seines Vorfahren könnte so in einem deutschen Museum identifiziert und dann zurück in seine Heimat gebracht werden.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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