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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am vergangenen Wochenende Windhoek besucht, um dem Staatsbegräbnis seines geschätzten Amtskollegen Hage Geingob beizuwohnen. Foto: Katharina Moser
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am vergangenen Wochenende Windhoek besucht, um dem Staatsbegräbnis seines geschätzten Amtskollegen Hage Geingob beizuwohnen. Foto: Katharina Moser

Kritik an Steinmeier

Nama- und Herero-Vertreter: Trauer um Präsidenten „ausgenutzt“
Während einige die Rede des Bundespräsidenten Steinmeier bei der Gedenkfeier für Hage Geingob in Windhoek als wichtiges Zeichen der Zusammenarbeit werten, kommt aus der politischen Opposition und von Seiten der Nama und Herero Kritik. Nicht nur das Genozidabkommen, auch die Ansprache Steinmeiers sei inakzeptabel.
Katharina Moser, Ogone Tlhage
Von Katharina Moser und Ogone Tlhage, Windhoek

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhält in Namibia viel Gegenwind für seine Rede, die er bei der Gedenkfeier für den verstorbenen namibischen Präsidenten Geingob gehalten hat. In der Ansprache zu Ehren Geingobs sagte er unter anderem, dass er hoffentlich bald wieder nach Namibia zurückkehren werde und es Zeit sei, „um Entschuldigung zu bitten“. Damit spielte er auf den Entwurf des Genozidabkommens zwischen Deutschland und Namibia an, der hierzulande umstritten ist und vor allem von Vertretern der Herero und Nama als inakzeptabel bezeichnet wird.

Die Ovaherero Traditional Authority (OTA) und der Nama Traditional Leaders´Association (NTLA) teilten als Reaktion auf die Rede mit, sie seien „sehr empört über das Verhalten des deutschen Bundespräsidenten und weisen seine Rede mit der gebührenden Verachtung zurück, die sie verdient“. Es sei bedauerlich, dass Steinmeier „die Trauer um unseren unseres schmerzlich vermissten Präsidenten zum Anlass genommen hat, um die diskreditierte Gemeinsame Erklärung an unsere Nation und die Welt zu verkaufen“. Die Vertreter der Nama und Herero kritisierten, dass eine Entschuldigung an Namibia für ein Verbrechen, das spezifisch an Nama und Herero begangen worden sei, nicht angemessen sei. Zudem lebten einige Nachfahren der Opfer des deutschen Genozids in Namibia inzwischen in Südafrika und Botswana, und würden durch eine pauschale Entschuldigung an Namibia ausgeschlossen. Ohnehin sei die Gemeinsame Erklärung zum Genozidabkommen für die Nama und Herero in ihrer aktuellen Form nicht akzeptabel.

Scharfe Worte aus der Opposition

Kritik kam auch von Oppositionsführer McHenry Venaani. „Deutschland kann nicht einfach mit einer Entschuldigung kommen und uns Peanuts zahlen. Die Idee ist sehr einfach: Geben Sie uns ein akzeptables Angebot", sagte Venaani. Er forderte Präsident Nangolo Mbumba auf, einen Arbeitsausschuss einzurichten, der Namibias Forderungen zum Völkermord ausarbeiten solle. „Lassen Sie uns einen beratenden Workshop zu diesem Völkermord einrichten, damit wir ein kohärentes nationales Interesse und eine nationale Politik haben, damit wir entscheiden können, was unser Fazit ist", sagte er.

Venaani sagte auch, die namibische Nation erwarte, dass Deutschland die Völkermordfrage kläre. „Wir bitten Sie, wenn Sie an den Verhandlungstisch zurückkehren, eine respektable Vereinbarung zu treffen, eine ehrenhafte Vereinbarung zu treffen, damit wir dieses Kapitel abschließen und weitermachen können."

„Hohle diplomatische Rhetorik“

Auch Sima Luipert, Aktivistin und Nachfahrin von Opfern des Völkermords, reagierte auf Steinmeiers Äußerungen. „Die Äußerung des deutschen Bundespräsidenten ist eine fortgesetzte Leugnung des Völkermordes, den sein Land an den Nama und Ovaherero begangen hat", sagte sie. Ihr zufolge enthält die gemeinsame Erklärung zwischen Deutschland und Namibia – die Steinmeier als „eine neue Stufe besonderer Beziehungen" bezeichnete – „nichts Besonderes" für das Volk der Nama und Ovaherero, da es keine Wiedergutmachung und keine rechtliche Verantwortung für das Verbrechen des Völkermordes gebe. „Für uns hat die gemeinsame Erklärung unseren Kampf für Reparationen so stark gemacht wie nie zuvor. Denn sie zeigt deutlich, dass Deutschland nicht bereit ist, sein Verbrechen des Völkermordes zu sühnen, solange es sich um einen 'Völkermord aus heutiger Sicht' handelt."

Es sei eine bedauerliche und schmerzliche Erinnerung, den deutschen Bundespräsidenten „eine solch hohle diplomatische Rhetorik sprechen zu hören", sagte Luipert. „Schmerzlich deshalb, weil er unsere Trauer als Rechtfertigung für einen Völkermord genommen hat, während er vorgab, einen Völkermord anzuerkennen. Nur diejenigen, die nicht zwischen den Zeilen der offiziellen deutschen Korrespondenz lesen, werden die gesprochene Verdrehung der wahren deutschen Position glauben", fügte sie hinzu.

Die deutsche Regierung hatte am 28. Mai 2021 bekanntgegeben, dass sie die in Namibia begangenen Gräueltaten nach fünfjährigen Verhandlungen formell als Völkermord anerkennt. Der damalige Außenminister Heiko Maas erklärte damals, dass Deutschland Namibia und die Nachkommen der Genozidopfer um Vergebung bitte. Neben der Anerkennung der Ereignisse als Völkermord erklärte sich Deutschland bereit, als „Geste der Anerkennung des unermesslichen Leids" rund 22 Mrd. N$ an Hilfe für die vom Völkermord betroffenen Gemeinschaften zu leisten.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-14

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