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Die von der Herero-Bevölkerung in New York vorgebrachte Klage gegen Deutschland zeigte, wie stark die Diaspora vor allem dieses namibischen Bevölkerungsteils ist. Nun fragt sich, ob sie einer namibischen Regierung zugeneigt ist, die angeblich ohne die Teilnahme der Genozid-Opfer mit Deutschland ein Grundsatzabkommen unterhandelt hat. Foto: AZ-Archiv
Die von der Herero-Bevölkerung in New York vorgebrachte Klage gegen Deutschland zeigte, wie stark die Diaspora vor allem dieses namibischen Bevölkerungsteils ist. Nun fragt sich, ob sie einer namibischen Regierung zugeneigt ist, die angeblich ohne die Teilnahme der Genozid-Opfer mit Deutschland ein Grundsatzabkommen unterhandelt hat. Foto: AZ-Archiv

Namibia umwirbt die Diaspora

Politischer Grundsatz stützt sich auch auf SWAPO-Doktrin
Politischer Grundsatz stützt sich auch auf die SWAPO-Doktrin. Die namibische Diaspora soll durch ein neues Gesetz mit in die namibische Gemeinschaft eingebunden werden. Dabei sticht einmal die politische Anlehnung an die Grundsätze der Regierungspartei SWAPO und außerdem an den Schwerpunkt auf erwartete wirtschaftliche Beiträge ins Auge.
Frank Steffen
Von Frank Steffen, Windhoek

Der namibische Staat, beziehungsweise das Ministerium für Internationale Beziehungen und Zusammenarbeit (MIRC) ist gemäß eines Kabinettsentschlusses vom März 2021 damit beschäftigt, einen Nationalgrundsatz zu erstellen, der sich mit der namibischen Diaspora und Ideen befasst, wie diese in das Nationalgeschehen eingebunden werden können. Nach eigenen Angaben hat es bereits mit den Namibiastämmigen im Ausland Gespräche geführt und nun soll während eines Treffens im Oktober der Input der namibischen Zivilgesellschaft eingeholt werden.

„In Anerkennung der Rolle, welche die Diaspora bei der Entwicklung Namibias spielen kann und der dringenden Notwendigkeit, die namibische Diaspora in den nationalen Entwicklungsprozess einzubinden, hat das Kabinett MIRC angewiesen, einen entsprechenden Grundsatz zu entwickeln“, heißt es in einer Einladung an die namibischen Organisationen. Verschiedene Bereiche der namibischen Diaspora sollen angesprochen und ein Weg zur einer sinnvollen Zusammenarbeit zwischen Regierung und Diaspora gefunden werden. Ziel ist es, sie formell in die nationale Entwicklungsagenda zu integrieren.

SWAPO-Interessen verankert

Regelmäßig beschweren sich die Oppositionsparteien über die Tatsache, dass die Regierungspartei SWAPO keinen Unterschied zwischen Eigeninteressen und denen des Staates macht. Am 26. August dieses Jahres hatte der Parteiführer der Landless Peoples‘ Organisation (LPO), Swartbooi, zum Boykott der Feierlichkeiten aufgerufen, nachdem die Feiern einen scheinbar ausschließlichen Regierungsanstrich (sprich SWAPO) bekommen hatten.

Der neue Entwurf für die Annäherung an die Diaspora zeugt von demselben SWAPO-ausgerichteten Ansatz, denn darin steht: „Die Nationale Politik für die namibische Diaspora ist ein allgemeiner politischer Rahmen, der sich an der Verfassung der Republik Namibia, der Vision 2030, dem Harambee-Wohlstandsplan und den nationalen Entwicklungsplänen sowie dem SWAPO-Parteimanifest und anderen rechtlichen und strategischen Dokumenten Namibias orientiert. Die Politik orientiert sich außerdem an regionalen, kontinentalen und globalen Rahmenwerken.“

Laut einer Studie der UN-Abteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten aus dem Jahr 2013 sollen zu jener Zeit 137 498 Namibier im Ausland gelebt haben – gemessen an der heutigen geschätzten Bevölkerungszahl ergibt dies etwa 5,5 Prozent der in Namibia ansässigen Bürger. Nun soll der „wichtige finanzielle, intellektuelle und soziale Beitrag zur Entwicklung Namibias“ nicht nur erfasst sondern auch instrumentalisiert werden. „Die Weltbank schätzt, dass die Rücküberweisungen im Jahr 2020 etwa 0,6 % des namibischen BIP ausmachten.“

Diaspora neu definiert

Der Grundsatz soll indessen von den folgenden Prinzipien geleitet werden: Anerkennung, Teilnahme, Vertrauen und Vertrauensbildung sowie Geschlechtergerechtigkeit, Transparenz, Diaspora-Profil und Engagement in den Bereichen Handel, Investitionen, Qualifikation und Wissenstransfer. Wichtig sei dabei, sich nach bestehenden Grundsätzen zu richten aus Ländern, die erfolgreich die Diaspora an sich gebunden haben.

Interessant ist indessen die Definition der Afrikanischen Union (AU), die in das bisherige Dokument einfließt: „Die afrikanische Diaspora besteht aus Menschen afrikanischer Herkunft, die außerhalb des Kontinents leben, ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft und Nationalität, und die bereit sind, zur Entwicklung des Kontinents und zum Aufbau der Afrikanischen Union beizutragen.“ Namibia nimmt es einen Schritt weiter: „Namibier, die historische Verbindungen zu dem Land unterhalten und ein deutliches Interesse daran zeigen, zur sozioökonomischen, politischen, technologischen und industriellen Entwicklung Namibias beizutragen.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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