Tjikuua beeindruckt durch Pragmatismus
Genozid-Versöhnungspaket ist erneut zu einer Baustelle geworden
Nach den Rückschlägen totaler Ablehnung aus den Reihen einiger Herero und Nama ist das seit 15. Mai 2021 anvisierte Versöhnungsabkommen zwischen Deutschland und Namibia zur Aufarbeitung wieder auf dem Tisch. Der Schwerpunkt liegt auf Ergänzungen.
Von Eberhard Hofmann & Frank Steffen, Windhoek
Festus Ueriuka Tjikuua, ein Vertreter des Sonderkomitees zur Ergänzung der „Joint Declaration“, der gemeinsamen deutsch-namibischen Deklaration zur Versöhnung und Wiedergutmachung für Genozid-Schäden sowie einer staatlichen Entschuldigung, hat am Donnerstagabend in Windhoek öffentlich dargelegt, dass die ursprüngliche Erklärung nicht widerrufen wird. Es werde aber an einem Zusatz, einer Ergänzung gearbeitet, worüber er jedoch keine genauen Einzelheiten mitgeteilt hat.
„Da bisher nichts Neues schriftlich festgelegt ist, ergibt es keinen Sinn über Detail zu sprechen. Tatsache ist, dass es eine Unterhandlung mit Einbeziehung der betroffenen Gemeinschaften gab. Wir haben unsere Forderungen gestellt und Deutschland hat uns mitgeteilt, was die Regierung als Volksvertreter verantworten kann. Danach wurden Kompromisse geschlossen, denn eines ist sicher: unser heutiges, gutes Verhältnis muss in Betracht gezogen werden, wenn wir auf Dauer ein funktionierendes Länderverhältnis wollen. Das Abkommen steht und sollte nicht neu verhandelt werden. Stattdessen sollten wir Ergänzungen präzisieren“, meinte Tjikuua in einem Gespräch mit der AZ.
Keine Gegenstimme präsent
Tjikuua hat als Fürsprecher der Ergänzung und somit der Akzeptanz der Deklaration die hauptsächlichen Einwände hervorgehoben, die seit der Ablehnung im Raum stehen und in einem Zusatz beachtet werden sollten. Vertreter der Fraktionen, die die Deklaration bisher als „Beleidigung“ ablehnen, sowie eine Vertretung der hiesigen deutschen Botschaft haben bei der Aussprache gefehlt.
Das Forum Deutschsprachiger Namibier (FDN) hatte zu einem Austausch über die „Gemeinsame Deklaration“ der Regierungen Namibias und Deutschlands eingeladen. Der Entwurf für ein versöhnliches Abkommen zwischen Deutschland und Namibia zur Genozid-Frage war nach fünf Jahren langer Verhandlung zwischen den Unterhändlern Ruprecht Polenz und Dr. Zedekia Ngavirue von beiden Regierungen am 15. Mai 2021 paraphiert worden. Er ist aber wegen massivem Widerstand und totaler Ablehnung in einigen Herero- und Nama-Kreisen in Namibia nicht im Parlament ratifiziert worden. Das Lager der Fürsprecher eines verbindlichen Abkommens auf der Grundlage der gemeinsamen Erklärung engagiert sich derzeit in den Reihen der Gegner mit Lobby- und Überzeugungsarbeit.
Anfänge liegen weit zurück
Tjikuua erinnerte an den langen Anlauf zur gemeinsamen Erklärung. Am 2. Mai 2005 verfassten Ovaherero bei einem Treffen in der Region Kunene eine Resolution, dass in der Genozid-Frage der Dialog zwischen der deutschen und namibischen Regierung geführt werden sollte. Ein Jahr später habe das Parlament in Windhoek den dahingehenden Antrag von Herero-Chef Kuaima Riruako geschlossen unterstützt. Zu jener Zeit sollte der damalige Premier Hage Geingob mit Unterstützung der betroffenen Gemeinschaften die namibische Delegation in Verhandlungen auf Regierungsebene mit Deutschland leiten. Bereits da hatte die Regierung ein Genozid-Komitee geplant, so Tjikuua.
Das Anliegen dreht sich seitdem um drei verwandte Kernfragen: die Definition des Genozids, der Wortlaut einer Entschuldigung und die Wiedergutmachung. Für die Aufarbeitung eines Zusatzes nennt Tjikuua keine Zeitspanne. Er betont jedoch, dass der ganze Komplex auf politisch-bilateraler Grundlage zwischen Deutschland und Namibia beruht und eine „Win-Win-Vereinbarung“ angestrebt wird. In dem Rahmen würden unter Anderem der stark angefochtene materielle Gesamtwert des anvisierten Abkommens von 1,1 Milliarden Euro sowie die ursprünglich auf 30 Jahre angesetzte Dauer der Umsetzung angeglichen.
„Diaspora“ gehört präzisiert
Die im paraphierten Entwurf nicht erwähnte Diaspora-Frage (Herero und Nama im Ausland) müsse präzisiert werden, welche der in anderen Ländern lebenden Ovaherero auch im Versöhnungspaket berücksichtigt werden sollten. Die Implementierung des Abkommens unter Aufsicht einer bi-nationalen Kommission, die sich ein oder zwei Mal pro Jahr trifft, könne sich über Generationen erstrecken. Außerdem stehen in Namibia 2024 die nächsten allgemeinen Wahlen ins Haus.
Tjikuua gab deutlich zu verstehen, dass die ethnische Abgrenzung unter Interessenträgern der Genozid-Frage (auf Herero und Nama) dem Präsidenten Geingob widerstrebt. Er zitierte Geingob: „Beim Cassinga-Massaker sprechen wir vom namibischen Massaker, obwohl 90 Prozent der Opfer Ovambo waren.“ Die Interessenverfechter sollten vom „namibischen Genozid“ sprechen, also das Anliegen von der ethnischen auf die nationale Ebene heben.
Festus Ueriuka Tjikuua, ein Vertreter des Sonderkomitees zur Ergänzung der „Joint Declaration“, der gemeinsamen deutsch-namibischen Deklaration zur Versöhnung und Wiedergutmachung für Genozid-Schäden sowie einer staatlichen Entschuldigung, hat am Donnerstagabend in Windhoek öffentlich dargelegt, dass die ursprüngliche Erklärung nicht widerrufen wird. Es werde aber an einem Zusatz, einer Ergänzung gearbeitet, worüber er jedoch keine genauen Einzelheiten mitgeteilt hat.
„Da bisher nichts Neues schriftlich festgelegt ist, ergibt es keinen Sinn über Detail zu sprechen. Tatsache ist, dass es eine Unterhandlung mit Einbeziehung der betroffenen Gemeinschaften gab. Wir haben unsere Forderungen gestellt und Deutschland hat uns mitgeteilt, was die Regierung als Volksvertreter verantworten kann. Danach wurden Kompromisse geschlossen, denn eines ist sicher: unser heutiges, gutes Verhältnis muss in Betracht gezogen werden, wenn wir auf Dauer ein funktionierendes Länderverhältnis wollen. Das Abkommen steht und sollte nicht neu verhandelt werden. Stattdessen sollten wir Ergänzungen präzisieren“, meinte Tjikuua in einem Gespräch mit der AZ.
Keine Gegenstimme präsent
Tjikuua hat als Fürsprecher der Ergänzung und somit der Akzeptanz der Deklaration die hauptsächlichen Einwände hervorgehoben, die seit der Ablehnung im Raum stehen und in einem Zusatz beachtet werden sollten. Vertreter der Fraktionen, die die Deklaration bisher als „Beleidigung“ ablehnen, sowie eine Vertretung der hiesigen deutschen Botschaft haben bei der Aussprache gefehlt.
Das Forum Deutschsprachiger Namibier (FDN) hatte zu einem Austausch über die „Gemeinsame Deklaration“ der Regierungen Namibias und Deutschlands eingeladen. Der Entwurf für ein versöhnliches Abkommen zwischen Deutschland und Namibia zur Genozid-Frage war nach fünf Jahren langer Verhandlung zwischen den Unterhändlern Ruprecht Polenz und Dr. Zedekia Ngavirue von beiden Regierungen am 15. Mai 2021 paraphiert worden. Er ist aber wegen massivem Widerstand und totaler Ablehnung in einigen Herero- und Nama-Kreisen in Namibia nicht im Parlament ratifiziert worden. Das Lager der Fürsprecher eines verbindlichen Abkommens auf der Grundlage der gemeinsamen Erklärung engagiert sich derzeit in den Reihen der Gegner mit Lobby- und Überzeugungsarbeit.
Anfänge liegen weit zurück
Tjikuua erinnerte an den langen Anlauf zur gemeinsamen Erklärung. Am 2. Mai 2005 verfassten Ovaherero bei einem Treffen in der Region Kunene eine Resolution, dass in der Genozid-Frage der Dialog zwischen der deutschen und namibischen Regierung geführt werden sollte. Ein Jahr später habe das Parlament in Windhoek den dahingehenden Antrag von Herero-Chef Kuaima Riruako geschlossen unterstützt. Zu jener Zeit sollte der damalige Premier Hage Geingob mit Unterstützung der betroffenen Gemeinschaften die namibische Delegation in Verhandlungen auf Regierungsebene mit Deutschland leiten. Bereits da hatte die Regierung ein Genozid-Komitee geplant, so Tjikuua.
Das Anliegen dreht sich seitdem um drei verwandte Kernfragen: die Definition des Genozids, der Wortlaut einer Entschuldigung und die Wiedergutmachung. Für die Aufarbeitung eines Zusatzes nennt Tjikuua keine Zeitspanne. Er betont jedoch, dass der ganze Komplex auf politisch-bilateraler Grundlage zwischen Deutschland und Namibia beruht und eine „Win-Win-Vereinbarung“ angestrebt wird. In dem Rahmen würden unter Anderem der stark angefochtene materielle Gesamtwert des anvisierten Abkommens von 1,1 Milliarden Euro sowie die ursprünglich auf 30 Jahre angesetzte Dauer der Umsetzung angeglichen.
„Diaspora“ gehört präzisiert
Die im paraphierten Entwurf nicht erwähnte Diaspora-Frage (Herero und Nama im Ausland) müsse präzisiert werden, welche der in anderen Ländern lebenden Ovaherero auch im Versöhnungspaket berücksichtigt werden sollten. Die Implementierung des Abkommens unter Aufsicht einer bi-nationalen Kommission, die sich ein oder zwei Mal pro Jahr trifft, könne sich über Generationen erstrecken. Außerdem stehen in Namibia 2024 die nächsten allgemeinen Wahlen ins Haus.
Tjikuua gab deutlich zu verstehen, dass die ethnische Abgrenzung unter Interessenträgern der Genozid-Frage (auf Herero und Nama) dem Präsidenten Geingob widerstrebt. Er zitierte Geingob: „Beim Cassinga-Massaker sprechen wir vom namibischen Massaker, obwohl 90 Prozent der Opfer Ovambo waren.“ Die Interessenverfechter sollten vom „namibischen Genozid“ sprechen, also das Anliegen von der ethnischen auf die nationale Ebene heben.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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