Der Unveränderbare: Hans Meyer wird 80
Unsicherheit? Kann man sich bei Hans Meyer kaum vorstellen. Das war aber mal so. „Ich habe geschauspielert", sagt der frühere Bundesligatrainer der dpa. Heute wird Meyer 80. Eine Bitte hat er.
Hans Meyer blickt kurz in die Sonne und blinzelt dann durch die getönten Gläser seiner Brille. „Ich habe in einer unglaublichen Art und Weise durch den Fußball viele schöne Momente gehabt“, sagt er zufrieden an diesem warmen Nachmittag Ende Oktober in einer Kaffeerösterei in der Nürnberger Altstadt.
40 Jahre Trainer, sechs Jahre Leistungsfußballer, mehr als zehn Jahre Präsidiumsmitglied bei Borussia Mönchengladbach, rechnet Meyer vor, der heute 80 Jahre alt wird. In so viele Jahrzehnte passt so vieles: so viele Begegnungen, so viele Anekdoten, so viel, über das sich zu sprechen lohnt.
„Bis in meine 30er konnte man absolut nicht von einem selbstbewussten jungen Mann reden. Ich war unsicher ohne Ende“, erzählt Meyer, den man gerne als Kultfigur bezeichnet, weil viele Menschen seine direkte, auch mal derbe und selbstironische Art mögen. „Das haben aber viele nicht bemerkt: Ich habe geschauspielert. Meine Kinder sagen sogar: Du spinnst doch. Von Unsicherheit war also offensichtlich nichts zu spüren.“
Schlagfertigkeit muss also nicht zwingend ein Zeichen für Selbstbewusstsein sein. Meyer schreibt man dennoch in schöner Regelmäßigkeit, fast wie bei einem Beinamen, eine „beißende Ironie“ zu. „Ich behaupte, das war schlicht und einfach eine Art Selbstschutz und auch ein Hinweis darauf, dass man sich selbst nicht zu wichtig nimmt, auch wenn die Funktion einen in die Öffentlichkeit katapultiert hat. Das hat nie ganz nachgelassen“, sagt Meyer. „Mit etwa 50 habe ich aber mitbekommen, dass mir in meinem Fachgebiet niemand mehr etwas vormachen kann.“
Meyer, im tschechischen Briesen geboren, hat als Spieler und Trainer viel Erfolg gehabt. Erst im Vorwende-Deutschland, dann im Nachwende-Deutschland und dazwischen, quasi zur Wende-Überführung, in den Niederlanden, als den einstigen DDR-Erfolgstrainer in der Bundesliga noch niemand haben wollte.
2007 etwa gewann er sogar mit dem 1. FC Nürnberg sensationell den DFB-Pokal, wofür ihm die „Club“-Fans gerne ein Denkmal errichten hätten, es dann aber doch nicht taten. Eine Miniaturausgabe in Bierglasformat hat er auf seinem Schreibtisch stehen. „Da habe ich meine Stifte drin. Da ich aber relativ wenig schreibe, sehe ich ihn auch selten“, sagt Meyer und lacht kokett.
„Meyer war der Papa, der einen zusammengefaltet hat und das dann im Büro eine Stunde erklärt hat“, sagte der frühere Nürnberger Torwart Raphael Schäfer einmal. „Nicht einen richtigen Titel“ habe er als Trainer gewonnen, insistiert Meyer. „Ein richtiger Titel wäre die deutsche Meisterschaft, die DDR-Meisterschaft oder die Weltmeisterschaft gewesen.“
Meyer hebt viel lieber hervor, dass er in den 90ern, als er den FC Twente Enschede betreute, in den Niederlanden mit einer Auswahl an körperlich und geistig beeinträchtigten Menschen aus Groningen Meister wurde. „Das war eine richtig schöne Sache“, sagt er.
In seine Zeit beim FC Carl Zeiss Jena fällt seine schmerzhafteste Niederlage. „Die einzige sportliche Niederlage, die ich bei meinen vielen Niederlagen schwer verkraftet habe, war nach einer sensationellen Saison 1980/81 das verlorene Finale im Europapokal der Pokalsieger“, erinnert Meyer an das 1:2 gegen die damalige Spitzenmannschaft von Dinamo Tiflis. „Ich wusste: Hans, das kommt nie wieder im Leben.“
Auf dem Weg ins Endspiel hatte Jena noch Hochkaräter wie die AS Rom, den FC Valencia und Benfica Lissabon besiegt. Der letzte Hochkaräter für Meyers Thüringer Bezirksauswahl, da damals keine Transfers möglich waren, war zuviel. „Ich bin Atheist, aber wahrscheinlich hat der liebe Gott, wenn er denn existiert, dafür gesorgt, dass es dem Atheisten Meyer nicht zu gut geht“, bemerkt Meyer.
In seinem Leben gab es solche Niederlagen, Trennungen und auch Abschiede. Aber eben auch so vieles, was Meyer glücklich macht. „Ich finde täglich Motivation und lebe gerne“, sagt er und meint ein Essen mit Freunden, in der Sonne Cappuccino trinken oder sein Sportprogramm mit Radfahren und Rückenschwimmen.
Seinen Geburtstag feiert er im engen Familienkreis und mit nur wenigen Freunden. 42 Personen werden es für den Vater und Großvater dann aber doch sein. „Geschenke muss niemand mitbringen, ich habe genug davon“, sagt Meyer. „Eine Rede muss auch niemand halten. Diese Laudationen vor einem 80. Geburtstag sind ohnehin ähnlich wie Begräbnisreden: verlogen ohne Ende. Zumindest sagen sie nicht die ganze Wahrheit.“
Manchmal reichen aber auch Teilstücke, wenn man so vieles hat, über das sich zu sprechen lohnt.
Martin Moravec, dpa
40 Jahre Trainer, sechs Jahre Leistungsfußballer, mehr als zehn Jahre Präsidiumsmitglied bei Borussia Mönchengladbach, rechnet Meyer vor, der heute 80 Jahre alt wird. In so viele Jahrzehnte passt so vieles: so viele Begegnungen, so viele Anekdoten, so viel, über das sich zu sprechen lohnt.
„Bis in meine 30er konnte man absolut nicht von einem selbstbewussten jungen Mann reden. Ich war unsicher ohne Ende“, erzählt Meyer, den man gerne als Kultfigur bezeichnet, weil viele Menschen seine direkte, auch mal derbe und selbstironische Art mögen. „Das haben aber viele nicht bemerkt: Ich habe geschauspielert. Meine Kinder sagen sogar: Du spinnst doch. Von Unsicherheit war also offensichtlich nichts zu spüren.“
Schlagfertigkeit muss also nicht zwingend ein Zeichen für Selbstbewusstsein sein. Meyer schreibt man dennoch in schöner Regelmäßigkeit, fast wie bei einem Beinamen, eine „beißende Ironie“ zu. „Ich behaupte, das war schlicht und einfach eine Art Selbstschutz und auch ein Hinweis darauf, dass man sich selbst nicht zu wichtig nimmt, auch wenn die Funktion einen in die Öffentlichkeit katapultiert hat. Das hat nie ganz nachgelassen“, sagt Meyer. „Mit etwa 50 habe ich aber mitbekommen, dass mir in meinem Fachgebiet niemand mehr etwas vormachen kann.“
Meyer, im tschechischen Briesen geboren, hat als Spieler und Trainer viel Erfolg gehabt. Erst im Vorwende-Deutschland, dann im Nachwende-Deutschland und dazwischen, quasi zur Wende-Überführung, in den Niederlanden, als den einstigen DDR-Erfolgstrainer in der Bundesliga noch niemand haben wollte.
2007 etwa gewann er sogar mit dem 1. FC Nürnberg sensationell den DFB-Pokal, wofür ihm die „Club“-Fans gerne ein Denkmal errichten hätten, es dann aber doch nicht taten. Eine Miniaturausgabe in Bierglasformat hat er auf seinem Schreibtisch stehen. „Da habe ich meine Stifte drin. Da ich aber relativ wenig schreibe, sehe ich ihn auch selten“, sagt Meyer und lacht kokett.
„Meyer war der Papa, der einen zusammengefaltet hat und das dann im Büro eine Stunde erklärt hat“, sagte der frühere Nürnberger Torwart Raphael Schäfer einmal. „Nicht einen richtigen Titel“ habe er als Trainer gewonnen, insistiert Meyer. „Ein richtiger Titel wäre die deutsche Meisterschaft, die DDR-Meisterschaft oder die Weltmeisterschaft gewesen.“
Meyer hebt viel lieber hervor, dass er in den 90ern, als er den FC Twente Enschede betreute, in den Niederlanden mit einer Auswahl an körperlich und geistig beeinträchtigten Menschen aus Groningen Meister wurde. „Das war eine richtig schöne Sache“, sagt er.
In seine Zeit beim FC Carl Zeiss Jena fällt seine schmerzhafteste Niederlage. „Die einzige sportliche Niederlage, die ich bei meinen vielen Niederlagen schwer verkraftet habe, war nach einer sensationellen Saison 1980/81 das verlorene Finale im Europapokal der Pokalsieger“, erinnert Meyer an das 1:2 gegen die damalige Spitzenmannschaft von Dinamo Tiflis. „Ich wusste: Hans, das kommt nie wieder im Leben.“
Auf dem Weg ins Endspiel hatte Jena noch Hochkaräter wie die AS Rom, den FC Valencia und Benfica Lissabon besiegt. Der letzte Hochkaräter für Meyers Thüringer Bezirksauswahl, da damals keine Transfers möglich waren, war zuviel. „Ich bin Atheist, aber wahrscheinlich hat der liebe Gott, wenn er denn existiert, dafür gesorgt, dass es dem Atheisten Meyer nicht zu gut geht“, bemerkt Meyer.
In seinem Leben gab es solche Niederlagen, Trennungen und auch Abschiede. Aber eben auch so vieles, was Meyer glücklich macht. „Ich finde täglich Motivation und lebe gerne“, sagt er und meint ein Essen mit Freunden, in der Sonne Cappuccino trinken oder sein Sportprogramm mit Radfahren und Rückenschwimmen.
Seinen Geburtstag feiert er im engen Familienkreis und mit nur wenigen Freunden. 42 Personen werden es für den Vater und Großvater dann aber doch sein. „Geschenke muss niemand mitbringen, ich habe genug davon“, sagt Meyer. „Eine Rede muss auch niemand halten. Diese Laudationen vor einem 80. Geburtstag sind ohnehin ähnlich wie Begräbnisreden: verlogen ohne Ende. Zumindest sagen sie nicht die ganze Wahrheit.“
Manchmal reichen aber auch Teilstücke, wenn man so vieles hat, über das sich zu sprechen lohnt.
Martin Moravec, dpa
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen