Ernst Huberty mit 96 Jahren gestorben - „Der Fußball sagt Danke, Mr. Sportschau"
Ernst Huberty kommentiert Fußballspiele, ohne dabei laut zu werden. Immer bleibt er freundlich korrekt - auch nach einem tiefen Karriereknick.
Ernst Huberty - in diesem Namen schwingt eine Welt mit. Die goldenen Zeiten der „Sportschau“, als man samstags zwischen 18.00 und 19.00 Uhr um Himmelswillen nicht anrufen durfte. Als man noch fluchte, weil immer nur drei Bundesliga-Spiele gezeigt wurden und darunter natürlich wieder mal nicht die Partie war, die man sich selber gewünscht hatte. Aber mit dem Namen Huberty verbindet sich noch mehr. Er steht für die etwas biedere, aber gleichzeitig liebenswert unaufgeregte Korrektheit der alten Bundesrepublik. Am 24. April ist Ernst Huberty im Alter von 96 Jahren gestorben. „Als Sportreporter-Legende wird er uns allen ewig in Erinnerung bleiben“, würdigte WDR-Intendant Tom Buhrow.
Wenn „Tagesschau“-Sprecher Karl-Heinz Köpcke (1922-1991) derjenige war, der die deutschen Nachrichten vom bellenden Kommiss-Ton der Nazizeit befreite, dann hat Ernst Huberty ebendies für die Sportberichterstattung geleistet. Ruhig und zurückgenommen war sein Kommentarstil, selbst in hochemotionalen Momenten. „Er hat mit seiner Souveränität vor der Kamera und seiner Sachlichkeit vor dem Mikrofon die Fußball-Epoche der 60er- und 70er-Jahre geprägt wie kein anderer Sportjournalist“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. ‚Der Fußball sagt: Danke, Mr. Sportschau.“
Moderierte aller erste Sportschau
Seine berühmtesten Reporterworte sind bezeichnenderweise „Ausgerechnet Schnellinger“. Das war 1970, als Karl-Heinz Schnellinger im WM-Halbfinale gegen Italien in der 90. Minute den Ausgleichstreffer erzielte - ausgerechnet er, der seit Jahren in Italien spielte. Huberty schrie das nicht heraus. Er sagte es einfach.
Der gebürtige Trierer, Sohn eines Luxemburgers, wurde Ende der 1950er Jahre von Werner Höfer („Der Internationale Frühschoppen“) zum WDR geholt und war bei der 1961 gestarteten „Sportschau“ von Anfang an dabei. Er war der Mann, der am 4. Juni 1961 die allererste Sportschau moderierte.
Zwei Jahre später wurde die Bundesliga gegründet. Frage von Ernst Huberty an den damaligen Präsidenten des 1. FC Köln: „Was kann nun in der Bundesliga ein Lizenzspieler verdienen?“ Antwort: „Der Lizenzspieler darf zwischen 250 und 500 Mark Grundgehalt verdienen plus Prämien - insgesamt 1200 Mark.“
Vereine zahlten den Sender
Das Filmmaterial musste anfangs von Motorradkurieren aus den Stadien zum Sender nach Köln gefahren werden. Die Vereine zahlten zum Dank Geld dafür - nicht etwa umgekehrt. In den 1970er Jahren war die Sportschau Kult. Jeder, wirklich jeder, kannte Ernst Huberty mit seinem astrein gekämmten silbernen Klappscheitel. Bis zu 15 Millionen Zuschauer schalteten jedes Mal ein. Das samstägliche Ritual für Millionen deutscher Nachwuchshoffnungen sah damals so aus: Erstens Fußballplatz. Zweitens „Sportschau“. Drittens Badewanne.
„Mit seinen Reportagen schrieb er deutsche Sportgeschichte, begeisterte die Menschen über Jahrzehnte und wurde zum Vorbild nachfolgender Journalisten-Generationen. Ernst Huberty hat uns den Fußball auf seine ganz bestimmte, souveräne Art in unsere Wohnzimmer gebracht“, sagte Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München.
1982 kam der tiefe Fall für Huberty: Wegen einer Spesenaffäre wurde er als WDR-Sportchef abgesetzt und ins Dritte Programm verbannt. Andere hätte das verbittert, ihn nicht. Zehn Jahre später sagte er rückblickend: „Unterm Strich ist übrig geblieben, dass ich in meinem Leben viel gelernt habe und dass ich mich völlig umstellen musste, eine ganz andere Arbeit leisten (musste) in diesem Hause, und die hat mir sehr gutgetan, die war für mein ganzes Leben ungeheuer wichtig.“
Ungewöhnlich: Huberty bei Termin mit Welke zu spät
Bis zum 87. Lebensjahr bildete er noch Moderatoren aus. Eine geradezu unglaubliche Begebenheit schilderte Oliver Welke in einer WDR-Hommage zu Hubertys Neunzigstem: „Ich hatte mal einen Coaching-Termin mit ihm, und er kam 'n kleinen Tick zu spät, was sehr ungewöhnlich ist, weil Ernst Huberty kommt immer superpünktlich. Mir fiel auf, dass es auf einmal ein bisschen nach Rauch roch in dem Zimmer. Und dann sagte er in seiner formvollendeten Art, er müsse sich entschuldigen, er würde ein bisschen nach Rauch riechen, sein Haus sei gestern abgebrannt.“ Zusammen mit seiner Frau Inge hatte er sich gerade noch retten können. Aber das war natürlich kein Grund für ihn, den Termin abzusagen.
Ob er Angst vor dem Tod habe, wurde Huberty 2017 in dem WDR-Film vom einstigen Sportschau-Chef und jetzigen DFB-Mediendirektor Steffen Simon gefragt. „Eigentlich nicht“, war die lakonische Antwort. Vielleicht werde er dank der modernen Medizin noch etwas länger leben. „Werden wir sehen.“ Um sich dann zu korrigieren: „Ich nicht. Du wirst es sehen.‘
Christoph Driessen, dpa
Wenn „Tagesschau“-Sprecher Karl-Heinz Köpcke (1922-1991) derjenige war, der die deutschen Nachrichten vom bellenden Kommiss-Ton der Nazizeit befreite, dann hat Ernst Huberty ebendies für die Sportberichterstattung geleistet. Ruhig und zurückgenommen war sein Kommentarstil, selbst in hochemotionalen Momenten. „Er hat mit seiner Souveränität vor der Kamera und seiner Sachlichkeit vor dem Mikrofon die Fußball-Epoche der 60er- und 70er-Jahre geprägt wie kein anderer Sportjournalist“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. ‚Der Fußball sagt: Danke, Mr. Sportschau.“
Moderierte aller erste Sportschau
Seine berühmtesten Reporterworte sind bezeichnenderweise „Ausgerechnet Schnellinger“. Das war 1970, als Karl-Heinz Schnellinger im WM-Halbfinale gegen Italien in der 90. Minute den Ausgleichstreffer erzielte - ausgerechnet er, der seit Jahren in Italien spielte. Huberty schrie das nicht heraus. Er sagte es einfach.
Der gebürtige Trierer, Sohn eines Luxemburgers, wurde Ende der 1950er Jahre von Werner Höfer („Der Internationale Frühschoppen“) zum WDR geholt und war bei der 1961 gestarteten „Sportschau“ von Anfang an dabei. Er war der Mann, der am 4. Juni 1961 die allererste Sportschau moderierte.
Zwei Jahre später wurde die Bundesliga gegründet. Frage von Ernst Huberty an den damaligen Präsidenten des 1. FC Köln: „Was kann nun in der Bundesliga ein Lizenzspieler verdienen?“ Antwort: „Der Lizenzspieler darf zwischen 250 und 500 Mark Grundgehalt verdienen plus Prämien - insgesamt 1200 Mark.“
Vereine zahlten den Sender
Das Filmmaterial musste anfangs von Motorradkurieren aus den Stadien zum Sender nach Köln gefahren werden. Die Vereine zahlten zum Dank Geld dafür - nicht etwa umgekehrt. In den 1970er Jahren war die Sportschau Kult. Jeder, wirklich jeder, kannte Ernst Huberty mit seinem astrein gekämmten silbernen Klappscheitel. Bis zu 15 Millionen Zuschauer schalteten jedes Mal ein. Das samstägliche Ritual für Millionen deutscher Nachwuchshoffnungen sah damals so aus: Erstens Fußballplatz. Zweitens „Sportschau“. Drittens Badewanne.
„Mit seinen Reportagen schrieb er deutsche Sportgeschichte, begeisterte die Menschen über Jahrzehnte und wurde zum Vorbild nachfolgender Journalisten-Generationen. Ernst Huberty hat uns den Fußball auf seine ganz bestimmte, souveräne Art in unsere Wohnzimmer gebracht“, sagte Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München.
1982 kam der tiefe Fall für Huberty: Wegen einer Spesenaffäre wurde er als WDR-Sportchef abgesetzt und ins Dritte Programm verbannt. Andere hätte das verbittert, ihn nicht. Zehn Jahre später sagte er rückblickend: „Unterm Strich ist übrig geblieben, dass ich in meinem Leben viel gelernt habe und dass ich mich völlig umstellen musste, eine ganz andere Arbeit leisten (musste) in diesem Hause, und die hat mir sehr gutgetan, die war für mein ganzes Leben ungeheuer wichtig.“
Ungewöhnlich: Huberty bei Termin mit Welke zu spät
Bis zum 87. Lebensjahr bildete er noch Moderatoren aus. Eine geradezu unglaubliche Begebenheit schilderte Oliver Welke in einer WDR-Hommage zu Hubertys Neunzigstem: „Ich hatte mal einen Coaching-Termin mit ihm, und er kam 'n kleinen Tick zu spät, was sehr ungewöhnlich ist, weil Ernst Huberty kommt immer superpünktlich. Mir fiel auf, dass es auf einmal ein bisschen nach Rauch roch in dem Zimmer. Und dann sagte er in seiner formvollendeten Art, er müsse sich entschuldigen, er würde ein bisschen nach Rauch riechen, sein Haus sei gestern abgebrannt.“ Zusammen mit seiner Frau Inge hatte er sich gerade noch retten können. Aber das war natürlich kein Grund für ihn, den Termin abzusagen.
Ob er Angst vor dem Tod habe, wurde Huberty 2017 in dem WDR-Film vom einstigen Sportschau-Chef und jetzigen DFB-Mediendirektor Steffen Simon gefragt. „Eigentlich nicht“, war die lakonische Antwort. Vielleicht werde er dank der modernen Medizin noch etwas länger leben. „Werden wir sehen.“ Um sich dann zu korrigieren: „Ich nicht. Du wirst es sehen.‘
Christoph Driessen, dpa
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen