Loading svg Please wait while we translate the article

Wir waren denn ´mal weg – kreuz und quer durch den Süden

Weitläufig, triste Strecken, öde Ebenen, endlose Pad, ob mit Teerdecke oder Schotter, extreme Hitze – dann auch noch mit Sandsturm! Oder klirrende Kälte. Vordergründig besehen ist der Süden Namibias wahrlich kein Reise- und Vergnügungsziel, abgesehen von ein paar „Perlen" wie Lüderitzbucht, Fischfluss-Canyon, Bogenfels ... Da hört´s schon auf, da Schloss Duwisib und Sossusvlei eigentlich noch zur Landesmitte zählen.
Die ältere Generation der Namibier, die noch mit der Eisenbahn ans Kap oder ins damalige Transvaal mehrere Tage lang zu Besuch oder zum Studium gefahren ist, hat den Süden im Bahnabteil auch möglichst durch Kartenspiel oder Lümmelei im Speisesalon hinter sich bringen wollen, wenn´s denn keine Geselligkeit beiderseitiger Geschlechter gab.

Vorurteile über den Süden

Der aride Süden begann für die Bahnfahrer direkt nach der Parklandschaft von Rehoboth und hörte zwei Tage später erst beim Eintritt in die Hexrivier-Berge und Weinhänge des Kaplands auf. Mittendrin lag noch der lange Warte-Aufenthalt am trostlosen Eisenbahnknotenpunkt De Aar in der Großen Karoo. Vielleicht hegen andere Namibier, die den Süden auf dem Weg zum Kap eiligst im Automobil zurücklassen oder am besten überfliegen, ähnlich abweisende Vorurteile über den Landesteil samt Tsau//Khaeb (Sperrgebiet)-Nationalpark nördlich des Oranje.

Das ändert sich abenteuerlich und faszinierend, wenn sie als individuelle Selbstfahrer, bzw. als Allrad-Gruppe mit der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft (NWG) in der auslaufenden, guten Regenzeit 2022 gezielt und kreuz und quer in den tiefen Süden eintauchen! Auf dem kommerziellen Farmgelände und teils bis tief in die Namib, ins Sperrgebiet hinein, steht in diesem Jahr das silberne Gras lückenlos in der Saat auf weiten Strecken wie ein wogendes Kornfeld, dazu mit überströmenden Dämmen – der Süden hatte in dieser Regenzeit überraschende Sternstunden!

Selbstfahrer unter Führung

Eine geführte Selbstfahrer-Reisegesellschaft wollte das in diesem Jahr erleben. So geschehen am Samstag, 19. März, ab Farm Trekpoort, 50 km nördlich der Zink-Mine von Rosh Pinah, bis Sonntag, 27. März 2022, als 16 Teilnehmer in acht Allradwagen zwischen Köcher- und Kameldornbäumen, 40 km nordöstlich von Keetmanshoop auf Farm Spitzkoppe schließlich noch einmal gecampt haben. Dann haben sie den langen Heimweg zur Landesmitte oder selbst nach Swakopmund angetreten. Von Windhoek aus haben sie insgesamt rund 4 000 Kilometer zurückgelegt, ca 500 km davon verliefen auf der Teerdecke Windhoek/Keetmanshoop und zurück sowie von Grasplatz über Aus nach Seeheim. Von dort folgte ein besonderer Abstecher auf einer ziemlich verspülten Schüttelpad zum überströmenden Neckartal-Damm: einer der unvergesslichen Höhepunkte im ariden Süden.

Über 3 000 km der Safari-Tour waren Bezirks- und Veldpads sowie streckenweise totale Off-Road-Spuren im kaum kartierten Gelände wie in und westlich der Koichab-Pfanne, aus deren Tiefen seit 1968 Trinkwasser nach Lüderitzbucht abgepumpt wird. Die meisten Teilnehmer der Tour haben neben dem populären Ziel des Fischfluss-Canyons und anderen vertrauten Teilstrecken absolutes Neuland erlebt und sind nun zum ersten Mal auf Flecken gestoßen, die vorher höchstens dem Namen nach bekannt waren. Auch für die NWG war es das erste Mal, dass eine ausgedehnte Südentour zwischen dem Sperrgebiet im Westen und dem Köcherbaumwald östlich von Keetmanshoop arrangiert wurde. Dass die Selbstfahrer täglich ohne Irrfahrt das Planziel mit geselligem Campingplatz erreicht haben, hatten sie den geländekundigen „Pfadfinder-Guides“ Volker Jahnke und Bernd Roemer zu verdanken, die von der NWG zur Führung angeheuert waren.

Fachkundiges Briefing

An jedem Morgen vor der Abfahrt des Konvois begann der Tag nach dem Frühstück mit einem landeskundlichen, bzw. geophysikalischen Briefing der vorliegenden Strecke. Während der Fahrt meldeten sich die Kundigen per Funk noch sporadisch zur Ergänzung der aktuell sachlichen Information oder mit regionalen Anekdoten, wozu sich jeder Wagen einschalten konnte.

Der Einstieg zur Südentour erfolgte bei Rosh Pinah in den Tsau//Khaeb (Sperrgebiet)-Nationalpark und zwar mit Kurs auf den für die meisten Teilnehmer unbekannten Roten Kamm, den Meteoritenkrater, der durch Einschlag aus dem All vor viereinhalb Mio. Jahren entstanden ist und der als exotischer Namengseber für die Südentour der NWG herangezogen wurde. Die Selbstfahrer mussten im tiefen Sand am Hang des Kraterrands ihr Können unter Beweis stellen, aber mit zwei, drei Anläufen und Schwung im Donkeygang hat es jeder geschafft.

Auf dem Kamm selbst wehte ein peitschender Sandsturm, so dass sich niemand beschwerte, als die Fahrt durch die flache Namib fortgesetzt wurde, die sich über die größten Strecken nicht als gewohnte Einöde sondern als silberwogendes Gräsermeer darbot, vereinzelt mit Oryxherden, Springböcken und am Fischflusscanyon auch mit Bergzebras.

Feine Pferde und Koichab

Ein Besuch der verwilderten Pferde von Garub lag auf der Strecke sowie eine Rast an einem ursprünglichen Ausspannplatz der Frachtfahrer, die vor dem Bahnbau zwischen Lüderitzbucht und Aus per Ochsenwagen Güter vom Hafen ins Inland befördert haben – unter unsäglichen Entbehrungen und großen Verlusten an Trekochsen. Am Rastplatz findet man steinmarkierte „Grundstücke“ und antiquarischen Müll von vor 125 Jahren – verrostete Blechdosen, Scherben von Bier- und Parfümflaschen ...

Weitere Stationen waren das ausgestreckte Gelände der Koichab-Pfanne mit ausgeprägten Kameldorninseln sowie die Pumpstation Koichab, woher Lüderitzbucht sein Trinkwasser herleitet. Zwischen den Campingnächten unter dem stets ansprechenden Sternenzelt mit Kreuz des Südens hat sich die Safari-Gruppe dann mit zwei Übernachtungen am Westrand des Fischfluss-Canyons im Luxus der Fishriver Lodge verwöhnen lassen. Zwei versierte Canyonfahrer haben die Besucher zu einem Tagesausflug sowie Bad im laufenden Fischflus per Schaukelpartie im Touri-Landruiser in die Tiefen des Spülgrabens bugsiert – über jede Klippe am Abgrund mit jedem Rad einzeln. Die Selbstfahrer waren froh, dass sie die Geländefahrt diesmal den lokal kompetenten Fahreren überlassen und sich kutschieren lassen konnten, um die Aufmerksamkeit auf Fels, Kluft und Flusslauf zu lenken. Die durch Millionen Jahre geäderte Landschaft erfährt der Fahrgast hier nicht nur mit dem Auge und Gemüt sondern auch mit Gesäß und Magen.

Eingeflochten in die Tour war zudem die Besichtigung bis zum Anfassen von Felsgravuren und – noch viel, viel älter – Dinosaurier-Fossilien auf den Farmen Aar bei Aus und Spitzkoppe bei Keetmanshoop, wo die Tourgruppe originelle, mit der Erde verwurzelte Menschen angetroffen hat. Und unterwegs gab es einen Stopp bei den Schanzen der Engländer und Buren, die im 1. Weltkrieg bei ... einen Angriff der deutschen Schutztruppe erwarteten, den die Truppe auf ihrem Rückzug vor der zehnfachen Übermacht wahrscheinlich gar nicht mehr erwogen hat.

Dämme-Erlebnis

Und weiter ging die Fahrt zu den größten Dämmen des Südens, zuerst zum technischen Vorzeige-Erlebnis am funkelnagelneuen Neckartal-Damm, sogar mit überströmender Mauer. Im Inneren der Mauer konnten wir modernste technische Schikanen bestaunen. Nach kurzem Aufenthalt folgte der Aufbruch 80 Kilometer weiter zum Naute-Damm, der durch die Al Dhara-Dattelpalmplantage – man sollte lieber vom Palmenhain sprechen – mit rund 24 000 Palmen einen Brennpunkt des Südens bildet. Die Führung mit dem arabischen Dattelspezialisten durch das Export-Verpackungsanlager mit Kostproben der köstlichen Wüstenfrucht und einer Geschenkpackung zum Mitnehmen hat sich tief eingeprägt. Anschließend lockte die Kaffeepause mit Likör und Gin der hauseigenen Dattel-Destillerie der Familie Katrin und Michael Weder. „Wir wären so gerne noch geblieben ...“ doch die Gruppe musste aufbrechen, um 40 km jenseits von Keetmanshoop den malerischen Mesosaurus-Kamp von Giel Steenkamp möglichst noch bei letztem Tageslicht zu erreichen. Der letzte Tourabend nach einer anstrengenden vielseitigen Tagesroute endete zwischen Kameldorn, Siedelwebernest und Köcherbaum bei bester Steenkamp-Gastfreundschaft, bildete noch nicht den Abschluss.

Am nächsten Vormittag führte Giel Steenkamp uns zu etlichen farmeigenen Mesosaurus-Fossilien. Über die versteinerten Relikte konnte er trefflich Auskunft erteilen, denn er empfängt wiederholt kundige Wissenschaftler auf der Farm „Spitzkoppe“. Nach der guten Regenzeit traf die Gruppe hier auch den ersten großen, hüpfenden Schwarm junger Fußgängerheuschrecken an, die in den Aprilwochen darauf fliegend über Weideflächen des Südens hergefallen sind.

Vielseitig, unzählige Details, kurze Einblicke in die Tiefe der Erd- und Landesgeschichte, in die Natur mit allerhand Anekdoten mit Lokalkolorit ... eine anstrengende, aber unvergessliche neue NWG-Fahrt, aus der die Leitung Lehren zieht, was bei einer Wiederholung verbessert werden kann. Die Anpreisung der Safari als „Desert Magic Tour“, was zunächst wie ein Klischee klingt, hat Bedeutung erlangt, weil für viele Eindrücke Worte nicht ausreichen.

Eberhard Hofmann

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-22

Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen

Katima Mulilo: 24° | 37° Rundu: 19° | 33° Eenhana: 21° | 25° Oshakati: 20° | 26° Ruacana: 21° | 27° Tsumeb: 20° | 27° Otjiwarongo: 17° | 25° Omaruru: 20° | 31° Windhoek: 19° | 27° Gobabis: 19° | 27° Henties Bay: 16° | 22° Swakopmund: 16° | 17° Walvis Bay: 16° | 22° Rehoboth: 21° | 32° Mariental: 24° | 35° Keetmanshoop: 21° | 34° Aranos: 23° | 35° Lüderitz: 15° | 29° Ariamsvlei: 20° | 34° Oranjemund: 14° | 22° Luanda: 24° | 26° Gaborone: 20° | 29° Lubumbashi: 17° | 32° Mbabane: 18° | 31° Maseru: 16° | 28° Antananarivo: 13° | 32° Lilongwe: 22° | 34° Maputo: 23° | 39° Windhoek: 19° | 27° Cape Town: 18° | 22° Durban: 20° | 26° Johannesburg: 16° | 24° Dar es Salaam: 25° | 32° Lusaka: 22° | 35° Harare: 22° | 33° #REF! #REF!