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Aufbau der Grünen Mauer gegen Wüstenausbreitung kommt schlecht voran

Die Chinesische Mauer diente einst der Abwehr von Feinden, die große Grüne Mauer, die quer durch Afrika geplant ist, soll der Wüste trotzen. Es geht um den Lebensunterhalt von Millionen Bauern.
Von Kristin Palitza und Eva Krafczyk, dpa Kapstadt/Abidjan
Von Kristin Palitza und Eva Krafczyk, dpa

Kapstadt/Abidjan

Es ist ein ehrgeiziges Pflanzprojekt im Kampf gegen die Ausbreitung der Wüsten und die Verschlechterung von Böden: Die sogenannte Grüne Mauer soll sich über rund 8000 Kilometer vom Senegal im Westen durch die gesamte Sahelregion bis nach Dschibuti im Osten des Kontinents ziehen. Etwa 100 Millionen Hektar degradiertes Land – knapp drei Mal die Fläche Deutschlands - sollen bis 2030 wieder fruchtbar gemacht und bepflanzt werden. Davon würden mehr als 230 Millionen Menschen in der Region profitieren. Auch auf der Weltbodenkonferenz in Abidjan (Elfenbeinküste) war die Grüne Mauer ein großes Thema.

Bei dem Projekt geht es um weit mehr als „nur“ das Pflanzen von Bäumen. Die Grüne Mauer soll helfen, Klimawandel, Dürren, Hungersnöte, Konflikte, Migration und Landverödung zu bekämpfen. Die neuen Pflanzen könnten 250 Millionen Tonnen Kohlenstoff binden und 10 Millionen grüne Arbeitsplätze schaffen, berichtet die Afrikanischen Union (AU), die das ambitionierte Projekt 2007 startete. Gesicherte Einkommen gehören zu den wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung von Fluchtursachen in der Region.

Der letzte, vor zwei Jahren veröffentlichte Zwischenbericht im Auftrag der Vereinten Nationen hatte klar gemacht, dass bis zum Jahr 2030 noch viel zu tun sein wird: Je nach Abschnitt habe das Projekt seit dem offiziellen Start erst 4 bis 20 Prozent der Ziele erreicht. In 15 Jahren seien erst gut 15 Millionen Hektar begrünt worden.

Hinzu kommen Finanzierungslücken, hieß es in einem Anfang Mai im Fachzeitjournal „Nature“ veröffentlichten Artikel. Während die Zielmarke der afrikanischen Regierungen und internationalen Geber bei 30 Milliarden Dollar (28,5 Milliarden Euro) liege, seien bislang nur 19 Milliarden zustande gekommen. Auch Konflikte in der Region, etwa in Mali und Burkina Faso, erschweren die Umsetzung des Projekts.

Kritiker bemängeln zudem, dass für einen möglichst raschen Erfolg der Grünen Mauer überwiegend schnell wachsende Bäume und andere Pflanzen eingesetzt würden. Als Ökosystem hätten sie aber bei weitem nicht den gleichen Nutzen wie ein Naturwald.

Rund 90 Prozent der Menschen in der Region leben nach Angaben der Organisation „SOS Sahel“ von der Landwirtschaft. Bis 2050 wird die Bevölkerung Schätzungen zufolge auf rund 500 Millionen Menschen anwachsen. Für sie ist der Kampf gegen die Wüste eine Frage der Existenz. In der Diskussion am Mittwoch in Abidjan wurde daher immer wieder die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den betroffenen Menschen hervorgehoben.

Die Wüstenbildung der Sahelzone, die im Norden an die Sahara grenzt, nimmt aufgrund von Abholzung, Erosion, Versalzung und Rückgang von Wasserressourcen immer mehr zu. In den vergangenen 100 Jahren wuchs die Sahara nach Angaben der amerikanischen National Science Foundation (NSF) um zehn Prozent. Nach dem in der vergangenen Woche vorgestellten UN-Dürrebericht entfielen in den vergangenen 100 Jahren knapp 45 Prozent aller Dürren weltweit auf Afrika.

Aufforstung in der Sahelzone sei eine „große Herausforderung“, sagt Lindsay Cobb, Sprecherin der US-Organisation Trees for the Future, die in Zusammenarbeit mit der AU, Grüne-Mauer-Projekte im Senegal, im Tschad, in Mali und in Gambia leitet. Es gehe nicht nur darum, massenhaft Bäume zu pflanzen, sondern auch darum, sicherzustellen, dass die Bäume überleben. Dafür brauche man das Engagement der Bevölkerung. „Massenhafte Baumpflanzungen, das ist eher kurzsichtig. Man braucht Menschen, die sich um diese Bäume kümmern, dafür sorgen, dass sie gewässert werden, dass keine Tierherde kommt und die jungen Bäume vernichtet.“

Man darf sich die Grüne Mauer nicht als buchstäbliches Bollwerk aus Pflanzen vorstellen – auch wenn es ursprünglich einmal so angedacht war. Das Projekt ist vielmehr eine umfassende, ländliche Entwicklungsinitiative, die einen Flickenteppich aus produktiven Landschaften schaffen will. Allerdings haben Länder wie der Senegal oder Äthiopien, wo die Regierung eine jährliche Pflanzaktion von Millionen Bäumen organisiert, recht gute Fortschritte erzielt.

Seit knapp zehn Jahren schult Trees for the Future Bauern vor Ort im „Waldgarten“-Anbau. Umgeben von einem „lebenden Zaun“ aus Büschen und Bäumen, der vor Bodenerosion sowie grasendem Vieh schützt, wird auf den Feldern eine Vielfalt dürretoleranter Pflanzen angebaut. Weg von der Monokultur, hin zum selbsterhaltenden Ökosystem. Die Bauern erhalten laut Cobb außerdem ein Training im Wassermanagement, Nutzung von Kompost oder der natürlichen Bekämpfung von Schädlingen.

Innerhalb von zehn Jahren hat die Organisation Trees for the Future rund 50 000 landwirtschaftlichen Betrieben in den vier Ländern geholfen, knapp 34 Millionen Bäume zu pflanzen – die alle zur Grünen Mauer beitragen. „Wir können im Schnitt eine Verbesserung ihres Einkommens um 400 Prozent und ihrer Ernährung um 700 Prozent verzeichnen“, sagt Cobb.

Einer dieser Bauern ist der Senegalese Saliou Seck. „Vorher wusste ich nur, wie man Hirse und Erdnüsse anbaut“, erzählt er. Doch dann lernte Seck, wie man einen Waldgarten anlegt. Seit er seinen Anbau auf Zuckerrohr, Papaya, Mango, Tomaten, Okra, Chili, Auberginen, Moringa, Maniok und Bananen ausdehnte, erwirtschaftet er ein regelmäßiges Einkommen.

Unterstützung im Kampf gegen die Ausbreitung von Wüste gibt es auch aus Deutschland: Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sei im Auftrag der Bundesregierung an mehreren Projekten beteiligt, die zur Wiederaufforstung und der Wüstenbekämpfung arbeiten – unter anderem in Äthiopien, im Senegal, in Niger und in Ghana, sagt eine Sprecherin. So werden etwa in Äthiopien zusammen mit Dorfgemeinschaften Baumschulen angelegt und lokale Baumarten gepflanzt, die trockenresistent sind.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-14

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