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Die Pflanze, die nicht sterben kann

Dass die namibische Wüste keineswegs ein lebensfeindlicher und lebloser Ort ist, hat die Existenz vieler an die aride Umgebung angepasste Spezies bewiesen. Doch beinahe wörtlich zu nehmen ist der Name einer Pflanze, die durch ihre enorme Adaptionsfähigkeit schon viele Wissenschaftler und Laien fasziniert hat.
Katharina Moser Bonn/Windhoek
Katharina Moser Bonn/Windhoek

„Tweeblaarkanniedood“ wird das Welwitschia-Gewächs auch genannt – Afrikaans für „zwei Blätter, die nicht sterben können“. Bereits seit 112 Millionen Jahren soll die Pflanze der Gatttung Gnetophyten auf der Erde zu finden sein. Sie wächst endemisch in der Namibwüste und und ein Stück weit in Süd-Angola am Küstenstreifen und wurde 1859 durch den österreichischen Botaniker Friedrich Welwitsch entdeckt. Seitdem haben sich viele Wissenschaftler mit der wundersamen Art beschäftigt, die zwar mehrere hundert Jahre alt werden kann, aber Zeit ihres Lebens stets nur zwei Blätter besitzt, die in alle Richtungen ausfächern. Die Welwitschia ist festes Motiv des namibischen Staatswappens.

Nun aber hat eine Forschergruppe die genetische Komposition der Art entschlüsselt und in einem Bericht im Nature-Magazin damit einen großen Schritt getan, um das Rätsel zu lösen, das die Welwitschia seit ihrer Entdeckung umrankt – wie es möglich sein kann, derart lange in einer derart lebensfeindlichen Umgebung zu wachsen, und wie diese extreme Form der Adaption genetisch bedingt ist. „Bisher haben Wissenschafter nach einzelnen Genen darin gesucht, auch wir, aus einer Vielzahl von Gründen, die mit ihrer fabelhaften Ökologie, Entwicklung und Morphologie zusammenhängen. Aber niemand hatte das Genom zusammengesetzt, bis diese Arbeit veröffentlicht wurde“, so Andrew Leitch, Mitautor der Studie.

Die Forscher, hauptsächlich aus China, gehen davon aus, dass es vor vielen Millionen Jahren zu einem Punkt kam, an dem sich das Genom der Welwitschia komplett duplizierte und somit neu aufstellte (whole-genome duplication event, WGD). Dazu muss es vor schätzungsweise 78 bis 96 Millionen Jahren gekommen sein – seitdem hat sich der Genpool der Welwitischia einzigartig und reaktiv an die sich ändernden Umwelteinflüsse angepasst. Die Analyse dieser Anpassung führten die Wissenschaftler im Vergleich zur Pflanze Gnetum durch, die mit der Welwitschia verwandt ist und sich etwa vor über 110 Millionen Jahren abspaltete. Das Stattfinden des WGD wird unter anderem damit belegt, dass Geninformation, die bei Gnetum auf einem Chromosom liegt, teils bei der Welwitischia auf mehrere Chromosomen verteilt ist. Infolge der sich verstärkenden Aridisierung im Lebensraum der Welwitschia begannen sich die biologischen Prozesse in den Zellen zu verändern: Laut dem Forscherteam erhöhte sich die Menge an sogenannten LTR-Retrotransposons („long terminal repeat retrotransposons“) drastisch. LTR-RTs sind transponsible Elemente, auch genannt springende oder bewegliche Elemente im Genom, die wichtig für die Struktur eines Pflanzengenoms sind. Sie sorgen für die Genomintegration von sogenannten LTR-Elementen, die wiederum die Aktivität der Gene erhöhen können oder durch alternatives Spleißen neue Genprodukte hervorbringen. Dies ist wichtig für die genetische Variabilität des Organismus und seine evolutionelle Entwicklung. Die hohe Konzentration von LTR-RTs ist also einerseits ein Indikator für starke genetische Veränderungen, die in der Welwitschia stattgefunden haben. Andererseits stellen LTR-RTs allerdings an den Stoffwechsel und den Energiehaushalt hohe Anforderungen und sind potenziell gar schädlich für die Genaktivität. Das Genom der Welwitschia machte daraufhin einen Adaptionsprozess durch, in dessen Zentrum die Perfektion der Effizienz des Metabolismus ist: Zunächst fanden die Wissenschaftler im Genom der Welwitschia einen vergleichsweise geringen Anteil der Nukleotidkombination Guanin-Cytosin (GC), was für das Genom einen geringeren chemischen Energieaufwand bedeutet, da sie weniger Stickstoff benötigt. Dadurch tendiert das Welwitschia-Genom verstärkt zu Nukleotidkombinationen von Adenin und Thymin (AT), welche grundsätzlich nährstoffeffizientere Zellen schaffen. Gleichsam besteht im Genom der Welwitschia ein hohes Level der Methylierung, also genetischer Abänderung, von transponiblen Elementen, unter anderem von LTR-RTs. Durch eine verstärkte Methylierung kommt es zu einer verstärkten Abschaltung der LTR-RTs, was wichtig ist, um das Genom von Stammzellen stabil aufrechtzuerhalten, kurz gesagt, um die Langlebigkeit von Organismen zu sichern. Das hohe LTR-RT-Level verbunden mit einer durch verstärkte Methylierung einhergehende Stoffwechseleffizienz führt zu einer Verkleinerung des Genoms der Welwitschia: Diese hat ein erstaunlich kleines Genom.

Doch die Welwitschia beließ es in ihrer Adaption nicht bei diesem Prozess: Das Wissenschaftlerteam fand noch zahlreiche weitere Genombestandteile, die das Gewächs langlebig, dürre- und hitzeresistent machen. Zur Originalstudie geht es unter https://doi.org/10.1038/s41467-021-24528-4

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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