Leopardenjagd eskaliert
Zunehmend mehr Jagdführer im Zusammenhang mit Leopardenjagd verhaftet
In Namibia werden vermehrt Leoparden auf inakzeptable Weise gejagt. Jagdpraktiken, die der Tierquälerei nahekommen und nichts mehr mit naturschutzorientierter Jagd im Einklang mit der Natur zu tun haben, fassen in der Branche zunehmend Fuß – dem muss ein Ende gesetzt werden. Ein Gastbeitrag.
Von Helge Denker
Illegale Praktiken bei der Leopardenjagd fügen der schon seit langem in Verruf geratenen Trophäenjagdbranche weitere Schande hinzu. Wobei eher von Trophäentierabschüssen als von Jagd die Rede sein sollte, denn mit Jagd im eigentlichen Sinne hat das, was hier praktiziert wird, nichts mehr zu tun.
Als ob die vielen negativen Schlagzeilen der letzten Jahre – man denke an speziell zum Abschuss gezüchtete Löwen („canned lion hunting”) oder den zum Abschuss aus einem Schutzgebiet gelockten Löwen Cecil – und die daraus resultierenden Versuche, die Trophäenjagd weltweit einzuschränken oder ganz zu verbieten, nicht schon genug wären. Zu viele namibische Jagdführer tragen aktiv zum Niedergang einer Branche bei, die nicht in der Lage zu sein scheint, ihre inakzeptablen Handlungsweisen abzuschaffen.
Die Leopardenjagd ist ein äußerst lukratives Geschäft. Zwar schwankt die Abschussgebühr für einen Leoparden in Namibia erheblich, abhängig vom jeweiligen Anbieter, liegt aber meist deutlich über 150 000 N$. Unterkunft, Verpflegung, Führung und sonstige Gebühren sind dabei nicht eingeschlossen. Obwohl Leoparden in Namibia relativ häufig vorkommen, sind sie äußerst scheu und schwer zu Gesicht zu bekommen. Selbst in Nationalparks sieht man sie eher selten. Leoparden außerhalb eines Schutzgebiets in einer „waidgerechten” Jagd zu erlegen, ist extrem schwierig. Kunden wünschen aber Erfolgsgarantien im Gegenzug für ihre Unkosten – und Anbieter greifen zu allen Mitteln, um sicherzustellen, dass die Katzen erlegt werden und sie sich das Geld verdienen können. Zu den illegalen Praktiken gehören u.a. die Jagd bei Nacht und die Jagd mit Hunden (Leoparden ziehen sich vor einer Hundemeute schnell auf den nächstbesten Baum zurück, von dem die Katzen dann mit Leichtigkeit heruntergeschossen werden können); Leoparden werden auch in Kastenfallen gefangen und so lange in ungeeigneten Gehegen oder Käfigen gehalten, bis der nächste Kunde aus Übersee eintrifft, der einen Leoparden schießen will. In besonders abstoßenden Fällen werden illegal erlegte Leoparden eingefroren, um sie bei Gelegenheit in den Bereich der Legalität zu schleusen.
Das Ministerium für Umwelt, Forstwirtschaft und Tourismus hat streng geregelte Genehmigungs- und Meldeverfahren und vergibt pro Jahr nur eine begrenzte Anzahl an Erlaubnisscheinen für die Leopardenjagd.
Die Trophäenjagd auf Leoparden kann schon lange als fragwürdiges Unterfangen angesehen werden. Meist wird der Leopard lange „angeködert“, d.h. lange vor der eigentlichen „Jagd“ wird Fleisch als Köder für ihn ausgelegt. Minderwertiges Fleisch von Eseln, Pferden oder Zebras wird so in einen Baum gehängt, dass andere Raubtiere es nicht erreichen können, ein Leopard es aber mit Leichtigkeit fressen kann. Wenn sich das Tier an die Köderstelle gewöhnt hat, kann man den Jagdgast in einen „Unterstand“ führen, von dem aus er die Katze erschießen kann, sobald sie sich der gewohnten Futterstelle nähert. Allerdings sind Leoparden sehr wachsam und kommen oft nur nachts zu einem Köder. Deshalb wird jegliche Art von Technologie eingesetzt, um eine ohnehin schon skrupellose Tötung zu ermöglichen. Kamerafallen zum Beispiel zeigen bereits im Voraus, ob das Tier als Trophäe taugt, Sensoren signalisieren auch im Dunkeln die Ankunft des Leoparden am Köder, Nachtsichtgeräte und spezielle Scheinwerfer ermöglichen einen guten Blick durch das Zielfernrohr, usw.
Um es der namibischen Trophäenjagdindustrie zu ermöglichen, sich von all den widerwärtigen und oft illegalen Praktiken abzuheben, die die Medien in anderen Ländern in den Vordergrund gerückt haben, hat sich das Ministerium für Umwelt, Forstwirtschaft und Tourismus seit 10 Jahren dem Konzept der „Naturschutzjagd“ (conservation hunting) verschrieben, einer Jagd mit klar messbaren Vorteilen für Erhaltung und Bewahrung von Wild und Natur. Zu wenige namibische Veranstalter haben sich dieses Konzept zu eigen gemacht, zu viele denken, dass sie draußen im Busch unbehelligt tun und lassen können, was sie wollen, weil es schwierig oder gar unmöglich ist, sie dort zu überwachen.
Aber sie irren sich. Das Umweltministerium hat, in enger Zusammenarbeit mit der namibischen Polizei, beschlossen, dass rigorose Strafverfolgung die einzige Möglichkeit bleibt, wenn die Branche selbst es nicht schafft, den illegalen Praktiken Einhalt zu gebieten. Moderne Informations- und Überwachungstechniken erlauben zielführende Ermittlungen sogar an Orten, an denen sich die Jagdveranstalter bislang unantastbar fühlten – in ihren eigenen abgelegenen oder unzugänglichen Jagdrevieren.
Tatsächlich wurden in den letzten Monaten in verschiedenen Teilen des Landes eine Handvoll Jagdführer verhaftet und wegen unterschiedlicher illegaler Aktivitäten im Zusammenhang mit der Leopardenjagd angeklagt. Manche Mittel sind wirklich so abscheulich, dass selbst leidenschaftliche Befürworter der Vorteile einer legalen Jagdbranche für den Naturschutz allmählich zu dem Punkt kommen, an dem sie den Sektor nicht länger verteidigen können – sogar in Namibia, das lange Zeit als leuchtendes Beispiel für gute Praxis und faire Jagd galt.
Ob Gefängnisaufenthalte, saftige Geldstrafen und Lizenzentzug die Branche derart aufrütteln, dass sie zu angemessenem Verhalten findet? Jetzt muss es sich zeigen.
Helge Denker ist ein namibischer Naturschützer, Schriftsteller und Künstler. Von 1998 bis 2008 war er als Berufsjäger registriert. Seither stehen Natur- und Umweltschutz in ländlichen Gemeinschaften und die Unterstützung der Regierung bei der Bekämpfung von Wildtierkriminalität im Mittelpunkt seiner Arbeit, ebenso wie Schriftstellerei und Kunst.
Illegale Praktiken bei der Leopardenjagd fügen der schon seit langem in Verruf geratenen Trophäenjagdbranche weitere Schande hinzu. Wobei eher von Trophäentierabschüssen als von Jagd die Rede sein sollte, denn mit Jagd im eigentlichen Sinne hat das, was hier praktiziert wird, nichts mehr zu tun.
Als ob die vielen negativen Schlagzeilen der letzten Jahre – man denke an speziell zum Abschuss gezüchtete Löwen („canned lion hunting”) oder den zum Abschuss aus einem Schutzgebiet gelockten Löwen Cecil – und die daraus resultierenden Versuche, die Trophäenjagd weltweit einzuschränken oder ganz zu verbieten, nicht schon genug wären. Zu viele namibische Jagdführer tragen aktiv zum Niedergang einer Branche bei, die nicht in der Lage zu sein scheint, ihre inakzeptablen Handlungsweisen abzuschaffen.
Die Leopardenjagd ist ein äußerst lukratives Geschäft. Zwar schwankt die Abschussgebühr für einen Leoparden in Namibia erheblich, abhängig vom jeweiligen Anbieter, liegt aber meist deutlich über 150 000 N$. Unterkunft, Verpflegung, Führung und sonstige Gebühren sind dabei nicht eingeschlossen. Obwohl Leoparden in Namibia relativ häufig vorkommen, sind sie äußerst scheu und schwer zu Gesicht zu bekommen. Selbst in Nationalparks sieht man sie eher selten. Leoparden außerhalb eines Schutzgebiets in einer „waidgerechten” Jagd zu erlegen, ist extrem schwierig. Kunden wünschen aber Erfolgsgarantien im Gegenzug für ihre Unkosten – und Anbieter greifen zu allen Mitteln, um sicherzustellen, dass die Katzen erlegt werden und sie sich das Geld verdienen können. Zu den illegalen Praktiken gehören u.a. die Jagd bei Nacht und die Jagd mit Hunden (Leoparden ziehen sich vor einer Hundemeute schnell auf den nächstbesten Baum zurück, von dem die Katzen dann mit Leichtigkeit heruntergeschossen werden können); Leoparden werden auch in Kastenfallen gefangen und so lange in ungeeigneten Gehegen oder Käfigen gehalten, bis der nächste Kunde aus Übersee eintrifft, der einen Leoparden schießen will. In besonders abstoßenden Fällen werden illegal erlegte Leoparden eingefroren, um sie bei Gelegenheit in den Bereich der Legalität zu schleusen.
Das Ministerium für Umwelt, Forstwirtschaft und Tourismus hat streng geregelte Genehmigungs- und Meldeverfahren und vergibt pro Jahr nur eine begrenzte Anzahl an Erlaubnisscheinen für die Leopardenjagd.
Die Trophäenjagd auf Leoparden kann schon lange als fragwürdiges Unterfangen angesehen werden. Meist wird der Leopard lange „angeködert“, d.h. lange vor der eigentlichen „Jagd“ wird Fleisch als Köder für ihn ausgelegt. Minderwertiges Fleisch von Eseln, Pferden oder Zebras wird so in einen Baum gehängt, dass andere Raubtiere es nicht erreichen können, ein Leopard es aber mit Leichtigkeit fressen kann. Wenn sich das Tier an die Köderstelle gewöhnt hat, kann man den Jagdgast in einen „Unterstand“ führen, von dem aus er die Katze erschießen kann, sobald sie sich der gewohnten Futterstelle nähert. Allerdings sind Leoparden sehr wachsam und kommen oft nur nachts zu einem Köder. Deshalb wird jegliche Art von Technologie eingesetzt, um eine ohnehin schon skrupellose Tötung zu ermöglichen. Kamerafallen zum Beispiel zeigen bereits im Voraus, ob das Tier als Trophäe taugt, Sensoren signalisieren auch im Dunkeln die Ankunft des Leoparden am Köder, Nachtsichtgeräte und spezielle Scheinwerfer ermöglichen einen guten Blick durch das Zielfernrohr, usw.
Um es der namibischen Trophäenjagdindustrie zu ermöglichen, sich von all den widerwärtigen und oft illegalen Praktiken abzuheben, die die Medien in anderen Ländern in den Vordergrund gerückt haben, hat sich das Ministerium für Umwelt, Forstwirtschaft und Tourismus seit 10 Jahren dem Konzept der „Naturschutzjagd“ (conservation hunting) verschrieben, einer Jagd mit klar messbaren Vorteilen für Erhaltung und Bewahrung von Wild und Natur. Zu wenige namibische Veranstalter haben sich dieses Konzept zu eigen gemacht, zu viele denken, dass sie draußen im Busch unbehelligt tun und lassen können, was sie wollen, weil es schwierig oder gar unmöglich ist, sie dort zu überwachen.
Aber sie irren sich. Das Umweltministerium hat, in enger Zusammenarbeit mit der namibischen Polizei, beschlossen, dass rigorose Strafverfolgung die einzige Möglichkeit bleibt, wenn die Branche selbst es nicht schafft, den illegalen Praktiken Einhalt zu gebieten. Moderne Informations- und Überwachungstechniken erlauben zielführende Ermittlungen sogar an Orten, an denen sich die Jagdveranstalter bislang unantastbar fühlten – in ihren eigenen abgelegenen oder unzugänglichen Jagdrevieren.
Tatsächlich wurden in den letzten Monaten in verschiedenen Teilen des Landes eine Handvoll Jagdführer verhaftet und wegen unterschiedlicher illegaler Aktivitäten im Zusammenhang mit der Leopardenjagd angeklagt. Manche Mittel sind wirklich so abscheulich, dass selbst leidenschaftliche Befürworter der Vorteile einer legalen Jagdbranche für den Naturschutz allmählich zu dem Punkt kommen, an dem sie den Sektor nicht länger verteidigen können – sogar in Namibia, das lange Zeit als leuchtendes Beispiel für gute Praxis und faire Jagd galt.
Ob Gefängnisaufenthalte, saftige Geldstrafen und Lizenzentzug die Branche derart aufrütteln, dass sie zu angemessenem Verhalten findet? Jetzt muss es sich zeigen.
Helge Denker ist ein namibischer Naturschützer, Schriftsteller und Künstler. Von 1998 bis 2008 war er als Berufsjäger registriert. Seither stehen Natur- und Umweltschutz in ländlichen Gemeinschaften und die Unterstützung der Regierung bei der Bekämpfung von Wildtierkriminalität im Mittelpunkt seiner Arbeit, ebenso wie Schriftstellerei und Kunst.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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