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Tropische Bäume sterben schneller

Klimawandel lässt Regenwälder anfälliger für Schäden werden
Politiker weltweit werden nicht müde zu betonen, wie wichtig Regenwälder im Kampf gegen den Klimawandel sind, um Treibhausgase zu speichern und die Erderwärmung aufzuhalten. Umso besorgniserregender sind nun die Ergebnisse einer Studie am Beispiel des australischen Regenwaldes, die nahelegen, dass Tropenbäume einer immer höheren Sterblichkeit ausgesetzt sind. Ein Teufelskreis?
Von Katharina Moser, Frankfurt
Von Katharina Moser, Frankfurt

Wer bereits einmal Australien bereist hat, kennt die dichten, grünen Regenwälder im Osten des Landes, die voller Leben stecken. Touristen wie Einheimischen erscheint das wilde Grün des Bundeslands Queenslands oft wie ein Paradies. Doch zuletzt wurden die Wälder auch Beispiel für eine ökologische Entwicklung, die Naturwissenschaftler wie Umweltschützer lieber ungeschehen machen würden: Neue Forschung legt nahe, dass gerade Tropenwälder einer stetig wachsenden Sterblichkeit ausgesetzt sind: Die jährliche Todesrate von tropischen Bäumen hat sich in den letzten 35 Jahren verdoppelt, so die Modelle eines internationalen Forscherteams um David Bauman, Claire Fortunel und Guillaume Delhaye in einer Forschungsarbeit, die vergangenen Monat im Magazin „Nature“ veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftler haben die Baumdynamik von Waldabschnitten im feuchten Regenwald Australiens analysiert und festgestellt, dass die Baumsterblichkeit vor allem aufgrund der Wasserdampfsättigung in der Atmosphäre deutlich angestiegen ist. Sie werteten sämtliche demographische Daten zu 70 000 Stämmen mit einem Durchmesser über 10 Centimetern zu 81 dominanten Baumarten aus, über eine Zeitspanne von 49 Jahren und mit einer geographischen Verteilung über 24 Abschnitte im Norden des australischen Bundesstaats Queenslands.

Ausschlaggebend für die erhöhte Baumsterblichkeit sind der Forschungsarbeit zufolge vor allem die Lufttemperatur und der damit einhergehende Dampfdruckdefizit. Dieser, im Fachjargon auch Vapour Pressure Deficit oder VPD genannt, gibt die Differenz zwischen der tatsächlichen Wassermenge in der Atmosphäre und der Wassermenge, die bei vollständiger Sättigung in der Atmosphäre enthalten sein könnte, an. Je wärmer die Luft, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen. Trotz des klimabedingten Temperaturanstiegs hat die tatsächlich in der Atmosphäre vorhandene Wasserdampfmenge aber nicht im gleichen Maß wie die maximale Aufnahmeobergrenze zugenommen – ein Phänomen, das wissenschaftlich noch nicht ganz geklärt ist. Die Differenz zwischen den Werten hat sich somit in den letzten Jahren vergrößert. Wie bereits in der Naturwissenschaft bekannt ist, führt ein hoher Dampfdruckdefizit dazu, dass Pflanzen ihre Transpirationsöffnungen schließen, somit weniger Photosynthese betreiben und erhöhtem Wasserstress ausgesetzt sind. Die Autoren der Studie wiesen zunächst nach, dass sich sowohl Temperatur als auch Dampfdruckdefizit in allen untersuchten Waldabschnitten erhöht haben. Auch die Wasserversorgung durch den Boden sowie die Menge an Feuchtigkeit, die die Bäume durch Transpiration abgeben, aber nicht durch Bodenwasseraufnahme ausgleichen können zogen sie in Betracht. Das Ergebnis: Modellrechnungen zeigen eine Verdopplung der durchschnittlichen Sterbeziffer der australischen Tropenbäume von den 1980ern bis in die 2010er Jahre. „Dies bringt potenziell eine Halbierung der Lebenserwartung der Bäume und auch der Speicherzeit von Kohlenstoff mit sich“, so die Studie.

Dabei war zu beobachten, dass zwar die Sterblichkeit von Bäumen in wärmeren und trockeneren Abschnitten höher ist als in feuchten Abschnitten. Allerdings erwies sich die Erhöhung des Sterblichkeitsrisikos in beiden Fällen als gleich.

Die Wissenschaftler untersuchten ebenfalls die Auswirkung von immer häufiger werdenden Zyklonen auf die Überlebensfähigkeit der Bäume. Diese tragen zwar durch die Schäden, die sie verursachen, zur Erhöhung der Sterblichkeit bei, sind aber nicht allein ausschlaggebend. Dass Bäume schneller sterben, ist also nicht allein auf Stürme zurückzuführen. Windschäden werden zumeist erst dadurch gefährlich, dass die Bäume durch andere biotische Faktoren wie beispielsweise den Dampfdruckdefizit und Wasserknappheit bereits gestresst und geschwächt sind. „Es ist wichtig, die Folgen des stetig steigenden VPD weiter zu untersuchen“, so die Wissenschaftler. „Unsere Studie zeigt, dass, ob aufgrund von einzelnen Ereignissen oder sich ansammelnder Verwundbarkeit, die Baumsterblichkeit konsistent steigt.“ Dies werde zu Veränderungen in den Dynamiken, der Struktur und dem Aufbau des Waldes, der Speicherzeit von Kohlenstoff und in der Ansammlung von Biomasse führen. Schon eine um ein bis zwei Prozent erhöhte Sterblichkeit eines typischen tropischen Baumes halbiert nicht nur seine Lebenserwartung, sondern auch seine Kapazitäten, Kohlenstoff zu speichern und langfristig Biomasse zu generieren.

Dass die Temperaturen und der Wasserdampfanteil in der Atmosphäre weltweit zunehmen, legt nahe, dass das Phänomen der extrem angestiegenen Baumsterblichkeit in Australien auch in anderen Tropenwäldern weltweit von statten geht – auch in bedeutenden afrikanischen Wäldern. Dies ist gerade im Hinblick auf die Klimaziele relevant, die Regierungen weltweit aufgestellt haben – wenn Tropenwälder, bedeutsame Speicher von Kohlenstoff und Methan, zunehmend geschwächt und jünger werden, wird das auch den Kampf gegen den Klimawandel erschweren.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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