Von Drohnen bis Spinifex
Wie Australien die Klimakrise bekämpft
Nach der Antarktis ist Australien der trockenste Kontinent der Welt. Weite Teile im Landesinneren sind kaum bewohnbar. Und der Klimawandel schreitet fort. Umweltschützer versuchen, verbrannte und zerstörte Landschaften wieder grün zu machen – auch mit Hilfe von Drohnen.
Von Michelle Ostwald, dpa
Sydney
Roter Sand, endlose Outbacklandschaften, in der Mitte der ikonische Felsklotz Uluru: Das Innere Australiens fasziniert und macht Fernreisende aus aller Welt neugierig. Doch für das Land und seine Bewohner ist das trockene Zentrum eine echte Herausforderung. Wegen der harschen Lebenskonditionen ist es dünn besiedelt. Laut einer Statistik von 2016 leben 85 Prozent der Australier nicht weiter als 50 Kilometer von der Küste entfernt. Denn im sogenannten Outback, das 70 Prozent Australiens ausmacht, können wüstenartige Bedingungen mit Temperaturen von über 40 Grad herrschen. Umweltschützer und Unternehmen beschäftigt deshalb die Frage, ob der rote Kontinent mittels moderner Technologien zumindest teilweise neu ergrünen kann, um so den schlimmsten Folgen des Klimawandels zu trotzen. Dürren, verheerende Brände, Rekordtemperaturen, Überschwemmungen – Mensch und Tier sehen sich mit immer neuen Katastrophen konfrontiert. Besonders verheerende Buschfeuer gab es im australischen Sommer 2019/2020.
Das junge australische Unternehmen AirSeed will nun bis 2024 Millionen von Bäumen pflanzen – aus der Luft. Und zwar da, wo Brände und Rodung die Vegetation stark angegriffen haben. Gemeinsam mit Ökologen erstellt die 2019 gegründete Firma Bepflanzungsmuster und produziert Kapseln mit Samen und Nährstoffen, die dann von Drohnen über einem ausgewählten Gebiet abgeworfen werden. „Unsere Hauptaufgabe ist die Wiederherstellung verloren gegangener Biodiversität durch die Anpflanzung einheimischer Baum-, Strauch- und Grasarten“, sagte Geschäftsführer Andrew Walker der Deutschen Presse-Agentur. „Alles, was wir pflanzen, muss den lokalen Ökosystemen nutzen.“
Eine Drohne kann entlegenste Gebiete erreichen. „Unser Ansatz ist etwa 25 Mal schneller und 80 Prozent kosteneffizienter als manuelle Anpflanzungsmethoden", betonte Walker. Bis heute hat AirSeed auf diese Weise nach eigenen Angaben bereits 150 000 Bäume gepflanzt, in den nächsten Monaten sollen Hunderttausende weitere folgen.
Auch Reforest Now hat sich der Aufforstung verschrieben – allerdings widmet sich die Organisation nicht dem Outback, sondern Teilen des Regenwaldes im tropischen Norden und im subtropischen Nordosten des Landes. „Wir machen das nicht, weil es einfach ist, sondern weil wir auf dem trockensten Kontinent der Welt leben und Aufforstung dringend notwendig ist“, heißt es auf der Webseite.
Breiter angelegt ist die Arbeit von Greening Australia, ein Non-Profit-Unternehmen, das bereits seit 40 Jahren besteht. Mit Projekten, die neben der Wiederherstellung zerstörter Lebensräume im Outback auch den Schutz des Great Barrier Reefs und die Begrünung von Städten umfassen, will die Organisation ihre Vision von „gesunden und produktiven Landschaften, in denen Mensch und Natur gedeihen“ verwirklichen. Unter anderem wollen die Umweltschützer ein nationales Netzwerk von Saatgutsammlern aufbauen und gleichzeitig nach neuen Wegen zur Produktion von einheimischem Saatgut suchen.
Aber die klimatischen Umstände sind schwierig und kaum kalkulierbar. „Australien ist ein trockener Kontinent. Die Niederschläge kommen in großen Mengen, aber zu unvorhersehbaren Zeiten“, sagt Glenda Wardle, Professorin für Ökologie und Evolution an der Universität Sydney. „Es gibt viele trockene Jahre und dann viel Regen. Also von schlechten Bedingungen kommt man zu plötzlichen Chancen, bei denen es grünt.“ Die Wissenschaftlerin – die eine Forschungsgruppe zum Thema Wüstenökologie leitet – ist aber skeptisch, was eine permanente Begrünung trockener und halb-trockener Outback-Gebiete betrifft. „Es ist wohl ein Irrglaube, dass man Australien dauerhaft künstlich begrünen kann“, sagt sie. „Es gibt zwar Regenwasser und Grundwasser, aber die Vorkommen sind begrenzt. Um eine Wüste grün zu halten, bräuchte man eine konstante Versorgung – und die gibt es nicht.“
Trotzdem sei es eine gute Idee, zerstörte Regionen „mit ähnlichen einheimischen Arten und in einer ähnlichen Dichte neu zu bepflanzen“. Nicht immer sei Bewaldung aber die richtige Lösung: „Wir sollten Wälder nicht an Stellen pflanzen, wo sie nicht hingehören“, so Wardle. Es müsse vielmehr dafür gesorgt werden, dass keine weiteren Regionen abgeholzt oder anders modifiziert würden. Für den Erhalt von bedrohtem Land setzt sich die Organisation Bush Heritage Australia ein. 1991 wurde sie von dem Grünen-Politiker Bob Brown mit dem Ziel gegründet, besonders gefährdete Ökosysteme zu kaufen und zu erhalten. Mittlerweile wurden bereits 39 Reservate mit einer Gesamtfläche von 1,2 Millionen Hektar erworben. Darüber hinaus arbeitet die Organisation mit indigenen und anderen Landeigentümern zusammen und hilft so beim Schutz von Millionen weiteren Hektar Land.
„Wir haben einige Nationalparks und Naturschutzgebiete, aber immer noch zu viele Landschaften, die noch gar nicht oder zu wenig geschützt sind“, sagt die Ökologin Anke Frank. Die Deutsche lebt und arbeitet auf einem der geschützten Gebiete – das 233 000 Hektar große Pilungah-Reservat in der Simpsonwüste in Queensland, das traditionell den Wangkamadla-Aborigines gehört.
Geschützt werden hier etwa die kreisartig wachsenden Spinifexgräser, die in ariden Regionen weit verbreitet sind. „Das Gras bietet eine Menge Schutz“, sagt Anke Frank. „Es ist sehr pieksig und Raubtiere haben ein Problem, Tiere darunter zu fangen.“ Wenn es aber zu viel Bewaldung gebe, werde das Gras beispielsweise von Vieh zertreten und zerstört. Die Expertin ist überzeugt: Aufforstung an der falschen Stelle kann ein Ökosystem durcheinanderbringen – oder gar zerstören.
Roter Sand, endlose Outbacklandschaften, in der Mitte der ikonische Felsklotz Uluru: Das Innere Australiens fasziniert und macht Fernreisende aus aller Welt neugierig. Doch für das Land und seine Bewohner ist das trockene Zentrum eine echte Herausforderung. Wegen der harschen Lebenskonditionen ist es dünn besiedelt. Laut einer Statistik von 2016 leben 85 Prozent der Australier nicht weiter als 50 Kilometer von der Küste entfernt. Denn im sogenannten Outback, das 70 Prozent Australiens ausmacht, können wüstenartige Bedingungen mit Temperaturen von über 40 Grad herrschen. Umweltschützer und Unternehmen beschäftigt deshalb die Frage, ob der rote Kontinent mittels moderner Technologien zumindest teilweise neu ergrünen kann, um so den schlimmsten Folgen des Klimawandels zu trotzen. Dürren, verheerende Brände, Rekordtemperaturen, Überschwemmungen – Mensch und Tier sehen sich mit immer neuen Katastrophen konfrontiert. Besonders verheerende Buschfeuer gab es im australischen Sommer 2019/2020.
Das junge australische Unternehmen AirSeed will nun bis 2024 Millionen von Bäumen pflanzen – aus der Luft. Und zwar da, wo Brände und Rodung die Vegetation stark angegriffen haben. Gemeinsam mit Ökologen erstellt die 2019 gegründete Firma Bepflanzungsmuster und produziert Kapseln mit Samen und Nährstoffen, die dann von Drohnen über einem ausgewählten Gebiet abgeworfen werden. „Unsere Hauptaufgabe ist die Wiederherstellung verloren gegangener Biodiversität durch die Anpflanzung einheimischer Baum-, Strauch- und Grasarten“, sagte Geschäftsführer Andrew Walker der Deutschen Presse-Agentur. „Alles, was wir pflanzen, muss den lokalen Ökosystemen nutzen.“
Eine Drohne kann entlegenste Gebiete erreichen. „Unser Ansatz ist etwa 25 Mal schneller und 80 Prozent kosteneffizienter als manuelle Anpflanzungsmethoden", betonte Walker. Bis heute hat AirSeed auf diese Weise nach eigenen Angaben bereits 150 000 Bäume gepflanzt, in den nächsten Monaten sollen Hunderttausende weitere folgen.
Auch Reforest Now hat sich der Aufforstung verschrieben – allerdings widmet sich die Organisation nicht dem Outback, sondern Teilen des Regenwaldes im tropischen Norden und im subtropischen Nordosten des Landes. „Wir machen das nicht, weil es einfach ist, sondern weil wir auf dem trockensten Kontinent der Welt leben und Aufforstung dringend notwendig ist“, heißt es auf der Webseite.
Breiter angelegt ist die Arbeit von Greening Australia, ein Non-Profit-Unternehmen, das bereits seit 40 Jahren besteht. Mit Projekten, die neben der Wiederherstellung zerstörter Lebensräume im Outback auch den Schutz des Great Barrier Reefs und die Begrünung von Städten umfassen, will die Organisation ihre Vision von „gesunden und produktiven Landschaften, in denen Mensch und Natur gedeihen“ verwirklichen. Unter anderem wollen die Umweltschützer ein nationales Netzwerk von Saatgutsammlern aufbauen und gleichzeitig nach neuen Wegen zur Produktion von einheimischem Saatgut suchen.
Aber die klimatischen Umstände sind schwierig und kaum kalkulierbar. „Australien ist ein trockener Kontinent. Die Niederschläge kommen in großen Mengen, aber zu unvorhersehbaren Zeiten“, sagt Glenda Wardle, Professorin für Ökologie und Evolution an der Universität Sydney. „Es gibt viele trockene Jahre und dann viel Regen. Also von schlechten Bedingungen kommt man zu plötzlichen Chancen, bei denen es grünt.“ Die Wissenschaftlerin – die eine Forschungsgruppe zum Thema Wüstenökologie leitet – ist aber skeptisch, was eine permanente Begrünung trockener und halb-trockener Outback-Gebiete betrifft. „Es ist wohl ein Irrglaube, dass man Australien dauerhaft künstlich begrünen kann“, sagt sie. „Es gibt zwar Regenwasser und Grundwasser, aber die Vorkommen sind begrenzt. Um eine Wüste grün zu halten, bräuchte man eine konstante Versorgung – und die gibt es nicht.“
Trotzdem sei es eine gute Idee, zerstörte Regionen „mit ähnlichen einheimischen Arten und in einer ähnlichen Dichte neu zu bepflanzen“. Nicht immer sei Bewaldung aber die richtige Lösung: „Wir sollten Wälder nicht an Stellen pflanzen, wo sie nicht hingehören“, so Wardle. Es müsse vielmehr dafür gesorgt werden, dass keine weiteren Regionen abgeholzt oder anders modifiziert würden. Für den Erhalt von bedrohtem Land setzt sich die Organisation Bush Heritage Australia ein. 1991 wurde sie von dem Grünen-Politiker Bob Brown mit dem Ziel gegründet, besonders gefährdete Ökosysteme zu kaufen und zu erhalten. Mittlerweile wurden bereits 39 Reservate mit einer Gesamtfläche von 1,2 Millionen Hektar erworben. Darüber hinaus arbeitet die Organisation mit indigenen und anderen Landeigentümern zusammen und hilft so beim Schutz von Millionen weiteren Hektar Land.
„Wir haben einige Nationalparks und Naturschutzgebiete, aber immer noch zu viele Landschaften, die noch gar nicht oder zu wenig geschützt sind“, sagt die Ökologin Anke Frank. Die Deutsche lebt und arbeitet auf einem der geschützten Gebiete – das 233 000 Hektar große Pilungah-Reservat in der Simpsonwüste in Queensland, das traditionell den Wangkamadla-Aborigines gehört.
Geschützt werden hier etwa die kreisartig wachsenden Spinifexgräser, die in ariden Regionen weit verbreitet sind. „Das Gras bietet eine Menge Schutz“, sagt Anke Frank. „Es ist sehr pieksig und Raubtiere haben ein Problem, Tiere darunter zu fangen.“ Wenn es aber zu viel Bewaldung gebe, werde das Gras beispielsweise von Vieh zertreten und zerstört. Die Expertin ist überzeugt: Aufforstung an der falschen Stelle kann ein Ökosystem durcheinanderbringen – oder gar zerstören.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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