Augenblick der Besinnung
Liebe AZ LeserInnen
Seit mindestens einem Jahr beschäftige ich mich sozusagen als Hobby mit der nationalen Elektrizitätslage in Südafrika. Natürlich auch, weil ein Teil meiner Familie dort lebt. Zunehmend verschlimmert sich das sogenannte loadshedding, also die Abschottung bestimmter Städte und Bezirke reihum vom Stromnetz, um einen völligen Kollaps der Energieversorgung zu vermeiden. Ich behaupte, inzwischen ein klein wenig der technischen Schwierigkeiten in den Diesel-, Kohle- und Nuklearkraftwerken zu verstehen, und verfolge die Finanz- und Managementlage derselben. Bis zu 12 Stunden am Tag kein Strom, deshalb oft auch kein Wasser – wohin soll das Ganze führen? Oder ist Südafrika bereits ein kraft- und ruderloses Schiff geworden, dem man schleunigst entkommen sollte? BürgerInnen greifen zu eigenen Maßnahmen wie Generatoren, Solarenergie, Batterien; die gesamte Bevölkerung ist wütend und geht bald auf die Barrikaden, so scheint es. Finsternis regiert das Land, so könnte man poetisch alttestamentlich reden. Finsternis ist aber beängstigend, furchterregend im Gedanken an Einbrecher und Aufstand. Finsternis umhüllt anscheinend auch die oberste Regierungsetage. Im Anblick all dessen dachte ich an den Dichter Jochen Klepper: ,Gott will im Dunkeln wohnen und hat es doch erhellt!' Auf mich wirkt das tröstlich bei aller Hilflosigkeit, die mich in weiter Ferne überfällt (wobei ich in Namibia – noch – Strom und Wasser habe). Gerade dort, wo es im Herzen, im Kopf, im Lande dunkel und finster ist, dort will Gott wohnen und bei uns sein. Und weil er da ist, brennt ein Licht der Hoffnung, ein flackerndes Kerzenlicht, eine Taschenlampe, eine Gaslampe. Jedenfalls ein bisschen Licht, das uns hoffen lässt, irgendwie geht es weiter, irgendwann wird es besser werden, irgendwo wird eine Lösung gefunden, damit SchülerInnen lesen können, Mütter ihre Kinder versorgen und die ArbeiterInnen bzw. Arbeitslosen sicher nach Haus kommen. In der anglikanischen Kirche gibt es diese Bitte um Segen: God bless Africa, guide her rulers, guard her children and give her peace. Amen.
Klaus-Peter Tietz
Klaus-Peter Tietz
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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