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Produkte für die Ewigkeit – Die magische Verbindung

Kurz und bündig um eines der komplexesten Gebilde der chemischen Industrie zu benennen, heißt es PFAS. Dahinter stecken Kombinationen von fluorhaltigen organischen Verbindungen, die tausendfach miteinander verbunden werden können, sogenannte Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Und die sind überall zu finden.
Olaf Mueller
Sie sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken und machen das Leben in vielen Situationen einfacher und angenehmer. Sei es die Schutzkleidung vor Regen oder generell die Funktionstextilien, Kosmetika, das Braten eines Spiegeleis in der Teflonpfanne (Polytetrafluorethylen/PTFE, bekannt auch unter dem Markennamen Teflon), Materialien und Equipment beim Sport oder auch die in der Papierindustrie zur Herstellung von schmutz-, fett- und wasserabweisenden Papieren benutzten Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen – kurz PFAS.

Auch in der Medizintechnik geht es ohne dieses Wasser auch Öl, Fette und andere unpolare Verbindungen sowie Schmutzpartikel abweisende Material schlichtweg nicht mehr. Ein Beispiel ist ein kleines Teil, der bewegliche Schlitten aus PTFE-Vollmaterial für eine feinmotorisch präzise Schnittführung bei chirurgischen Eingriffen.

Per- und Polyfluoralkylsubstanzen sind eine große, komplexe Gruppe synthetischer Chemikalien. PFAS-Moleküle bestehen aus einer Kette verknüpfter Kohlenstoff- und Fluoratome. Da die Kohlenstoff-Fluor-Bindung eine der stärksten ist, werden diese Chemikalien in der Umwelt nicht so leicht abgebaut.

Die chemische Industrie bezeichnet ihre Produkte, die aus fluorierten Methyl- oder Methylen-Kohlenstoffatomen bestehen, als wenig bedenklich. Allerdings stehen die PFAS-Substanzen, die in hunderten verschiedenen Verbindungen vorkommen, unter dem Verdacht krebserregend zu sein. Die EU wollte deswegen vor zwei Jahren sämtliche PFAS-Chemikalien schrittweise verbieten lassen. Lobbyisten traten in Erscheinung und versuchten mit Scheingutachten das ganze noch abwenden zu wollen.



Recherchen der internationalen Kooperation PFAS Lobbying Papers mit „The Guardian“, „Le Monde" und 27 weiteren europäischen Partnern, an denen unter anderem die ARD (Panorama) mit ihren dritten Programmen wie SWR beteiligt waren, zeigten die Tricks auf, welche die Lobbyisten benutzten, um die Politiker von der Unbedenklichkeit zu überzeugen. Bei einer Sitzung der EU, zu der die sogenannten Experten geladen waren, sollte ein Glas mit Trinkwasser und einen Stab aus dem unlöslichem Fluorpolymer Teflon beweisen, dass die Substanzen keine gesundheitlichen Schäden hervorrufen. Ein Verstreter eines Unternehmens, das medizinische Instrumente herstellt, stellte den Stab in das Wasserglas für einen längeren Zeitraum und trank die im Anschluss, um zu beweisen, das PFAS-Verbindungen nicht schädlich sind. Eine Finte, denn klar war das Experiment unbedenklich. Der Teflon-Stab ist ja Wasser abweisend und geht keine Verbindung mit H2O ein.

Das Problem liegt hier ganz wo anders – in der Herstellung, Benutzung und der Entsorgung. Die per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC), zu denen auch PFAS gehören, umfassen zwischen einigen Tausend und einigen Millionen Einzelstoffen. Da sie oder ihre Abbauprodukte in der Umwelt sehr persistent sind, werden sie auch Ewigkeitschemikalien genannt. Ob einige der enthaltenen Stoffe überhaupt abgebaut werden, ist derzeit noch nicht belegbar.

Die bei der Herstellung anfallenden Abfallprodukte, zumeist PFAS-haltige Industrieabwässer und –abluft oder kontaminierter Klärschlamm, geraten in den Umweltzyklus. Damit werden sie sowohl von Pflanzen über das Grundwasser aufgenommen, von Pflanzenfressern gelangen sie als Nahrung in den Körper. Da viele der Substanzen im Klärungsprozess von Abwässern nicht herausgefiltert werden können, nimmt der Mensch diese über das Trinkwasser auf, hinzu kommt der Verzehr von Fleisch, Obst und Gemüse, das mit PFAS-Substanzen kontaminiert ist.

Des Weiteren trägt der Mensch durch den Verschleiß von Gebrauchsgegenständen wie Schuhe, Autoreifen oder Textilien zur Verschmutzung der Umwelt bei. So sind diese Per- und polyfluorierten Alkylverbindungen zum Beispiel enthalten in Alltagsgebrauchsgegenständen wie Imprägniermittel für Oberflächen von Möbeln, Textilien, Leder und Teppichen, in schmutzabweisenden Papieren, in antihaftbeschichtetem Kochgeschirr, Wandfarben, Tinten, Lacken, in Reinigungsmitteln, Filmen, Fotoplatten und Löschschäumen.

Ungefähr 80 % der PFAS, die in unseren Körper gelangen, stammen aus Konsumgütern und 20 % gelangen über das Trinkwasser in den Körper.. Sie sind überall in unserem Körper, in unserem Blut, in Leber, Niere, Darm als Ablagerungen und so auch überall in unserer Umwelt.

Bei der Vielfältigkeit der möglichen Verbindungen die Alkylsubstanzen steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen. Eine Aussage zu langfristigen gesundheitlichen Schäden ist daher nur als vage Einschätzung zu betrachten. Bei einigen PFAS ist jedoch bereits nachgewiesen oder wird vermutet, dass sie mit verschiedenen Erkrankungen in Zusammenhang stehen, darunter Fruchtbarkeitsstörungen, verschiedene Krebsarten, Leberschäden und Schilddrüsenerkrankungen.



Allerdings sind PFAS-Produkte für die Medizin fast unausweichlich. Durch den ständigen Kontakt der medizin-technischen Gerätschaften wie etwa mit Blut, Gewebe oder Urin muss eine gewisse Langlebigkeit sichergestellt sein. Zudem müssen die besonders hohen Hygienestandards im Gesundheitswesen erfüllt werden, um unerwünschte Reaktionen zu vermeiden. Dabei spielt die Beschichtung der Instrumente eine wichtige Rolle.

Dies gilt aber nicht nur für das Werkzeug auch bei Inkubatoren sowie bei verschiedenen Implantaten wie Gelenken, Herzschrittmachern oder Stents kommen verschiedene Fluorpolymere zum Einsatz.

Dabei ist die Benutzung wie zu Beispiel einer Teflon-Pfanne unbedenklich für die Gesundheit, wenn das Polytetrafluorethylen vorschriftsmäßig in dem Produkt enthalten ist. Sollte es allerdings bei der Herstellung zu Fehlern kommen oder der Umgang mit solchen Materialien nicht sachgerecht erfolgen, dann können gesundheitliche Probleme auftauchen. Aber auch Unwissenheit sind ein großes Problem, wie im Fall von Toril Stokkebø aus Norwegen. Die dreifache Mutter hatte Jahre hinweg die Ski der Familie mit Wachs in einem Schuppen eingerieben – das Problem waren die PFAS-Substanzen in dem Wachs. Die Ärzte diagnostizierten Krebs, der sich über den ganzen Körper verstreut hatte und kamen zu dem Schluss, dass die Krankheit vom Wachs herrührt. Mittlerweile hat der Internationale Skiverband die Anwendung von PFAS-haltigen Wachs verboten. Dies gilt allerdings nur für Wettbewerbsathleten und nicht für Hobby-Sportler.

Wie in der Medizin und medizinischen Versorgung gilt für alle Bereiche, in der diese Substanzen Einsatz finden, das Problem der Entsorgung. In Krankenhäusern werden die verschiedensten Formen des Abfalls spezialisiert entsorgt. Dennoch sind die Temperaturen bei der Verbrennung von Müll in der Regel nicht hoch genug, um die Chemikalien vollständig abzubauen, so dass PFAS-Verbindungen in die Umwelt gelangen.

Eine Vermeidung oder gar ein Verbot von Per- und polyfluorierten Alkylverbindungen scheint die Lösung zu sein, aber wie bereits erörtert, ist dies nicht ganz so einfach. Die Industrie pocht darauf, dass es keine Alternativen zu PFAS gäbe. Das stimmt so aber nicht. Eine Abgleichung mit der Datenbank des EU-finanzierten Forschungsprojekts ZeroPM einiger Chemiefabrikanten hat ergeben: In vielen Fällen sind mögliche Alternativen zu PFAS zu finden. Es ist also möglich auf Alternativen umzustellen, wenn auch mit Ausnahmen, aber weniger ist besser für Umwelt Mensch und Tier, als gar nicht umzustellen.

Olaf Mueller

Quellen: Wikipedia, abfallmanager-medizin, Wasser 3.0, ARD/SWR, NHI/USA, Know Your H2O

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-01-25

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